Hans Loewenthal

Verlegeort
Luckauer Straße 4
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Verlegedatum
11. Mai 2023
Geboren
15. Januar 1911 in Berlin
Flucht
1939 England
Überlebt

Hans Loewenthal kam am 15. Januar 1911 in Berlin als Sohn des jüdischen Kaufmanns Paul Loewenthal und seiner Ehefrau Elise, geb. Blau, zur Welt. Er hatte noch eine ältere Schwester: Hildegard, geb. am 11. Juni 1906. Kurz nach Hans' Geburt bezog die Familie eine 5-Zimmer-Wohnung in der Luckauer Straße 4. 

Sein Vater Paul Loewenthal hatte im März 1910 das „Wäscheverleihgeschäft Richard Bach“ erworben, das er in der Luckauer Straße 3 betrieb. Er beschäftigte mehrere Angestellte und belieferte u.a. Druckereien, Betriebe, Hotels und Friseure. Das Geschäft florierte und ermöglichte der Familie einen hohen Lebensstandard: Sie hatten zwei Dienstmädchen und noch eine Extrahilfe für die Kinder. Sie konnten sich jedes Jahr längere Auslandsreisen leisten und ihren Kindern eine gute Ausbildung ermöglichen. 

Hans Loewenthal besuchte von 1917 bis 1930 das Luisenstädtische Realgymnasium in der Sebastianstraße. Er studierte anschließend an der Berliner Universität zwei Jahre Philologie und wechselte 1932 zu Medizin über. 

1923 erlitt sein Vater Paul Loewenthal einen schweren Schlaganfall, der ihn vollkommen arbeitsunfähig machte. Er verstarb schließlich am 23. Dezember 1926 im Alter von 58 Jahren. 

Elise Loewenthal hatte ihrem Mann schon seit einigen Jahren im Geschäft geholfen und sich inzwischen so gut eingearbeitet, dass sie nach der Erkrankung und dem Tod ihres Ehemanns die Leitung übernehmen und das Geschäft weiterführen konnte. Mitte der 1920er Jahre zog das Wäscheverleihgeschäft in das Haus Luckauer Straße 7 um, das Elise Loewenthal und ihren Geschwistern gehörte. 

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Loewenthal. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben.

Hans' Schwester Hildegard verlor ihre Anstellung als Kinderhortnerin bei der Stadt Berlin, die sie jahrelang innegehabt hatte, ihm selbst wurde 1933 als Juden die Zulassung zur Universität entzogen. Danach wurde er Angestellter und 1935 Juniorpartner im Wäscheverleihgeschäft seiner Mutter, bis dieses Ende 1938 geschlossen werden musste. Hans Loewenthal wanderte Ende Februar 1939 mit seiner Frau Lilli, geb. Sachs, die er 1935 geheiratet hatte, mit einer Dienstboten-Arbeitserlaubnis nach England aus. In London warteten sie auf die Erteilung eines Visums für die USA. Das Mobiliar, das sie aus Deutschland mitgenommen hatten – zuletzt hatte das Ehepaar in einer 1 1/2-Zimmer-Wohnung in der Prinzregentenstraße 6 in Wilmersdorf gelebt –, mussten sie verramschen, da sie nicht genügend Geld hatten, um die Sachen längere Zeit auf Lager zu halten. Im November 1940 konnten Hans und Lilli Loewenthal schließlich nach New York übersiedeln. 

Hildegard war inzwischen als Hortnerin bei der Jüdischen Gemeinde Berlin angestellt worden, zuletzt arbeitete sie in der Wäscherei der Reichsvereinigung der Juden.

Hans' Mutter Elise Loewenthal und seine Schwester Hildegard wohnten noch immer in der Luckauer Straße 4, hatten von ihren drei Zimmern allerdings zwei an andere Juden untervermietet. 

Der Entrechtung folgte die Deportation: Elise Loewenthal wurde am 3. Oktober 1942 mit dem 3. großen Alterstransport nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 30. März 1943 ums Leben kam.

Die 36-jährige Hildegard Loewenthal wurde am 12. März 1943 mit dem 36. Osttransport nach Auschwitz verschleppt und ermordet.

In den USA musste sich Hans Loewenthal seinen Lebensunterhalt die ersten Jahre mit schwerer körperlicher Arbeit und als Laufbursche verdienen, bis er sich in einer kleinen Textil-Engros-Firma eine Stellung als Manager aufbauen konnte. Er änderte seinen Namen in John H. Lowental und besuchte gemeinsam mit seiner Frau bis ins hohe Alter Freunde in Europa, nach Deutschland reiste er jedoch nie wieder: „Der Fußtritt war zu groß und die Erinnerung zu schmerzlich.“ 

Hans Loewenthal starb kinderlos am 29. Juli 1989 in New York.