Bruno Striem

Verlegeort
Mollstraße 29
Historischer Name
Gollnowstraße 37
Bezirk/Ortsteil
Friedrichshain
Verlegedatum
11. Mai 2023
Geboren
11. April 1899 in Tomice (Posen)
Deportation
am 28. März 1942 nach Piaski
Ermordet

Bruno Striem kam am 11. April 1899 in Tomice in der preußischen Provinz Posen als Sohn des jüdischen Kaufmanns Heimann Striem und dessen Ehefrau Paula, geb. Raphael, zur Welt. Das Dorf Tomice liegt 23 km westlich der regionalen Hauptstadt Posen. Bruno hatte sieben Geschwister: Else (*1897), Martin (*1901), Rosa (*1902), Hans (*1906), Berthold (*1908), Salo (*1909) und Siegbert Paul (*1917). Die Mutter verstarb kurz nach der Geburt des jüngsten Kindes.

Wahrscheinlich übersiedelte Heimann Striem mit seinen Kindern nach dem Ende des Ersten Weltkriegs nach Berlin, da der größte Teil der Provinz Posen infolge des Versailler Vertrags an die neuerrichtete Republik Polen abgetreten werden musste. Bruno Striem lebte mit seinem Vater und den Geschwistern in der Georgenkirchstraße 29 im Bezirk Friedrichshain. 

Leider haben sich keine Dokumente erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie Striem im Berlin der Weimarer Republik geben könnten. Der Vater starb am 31. Dezember 1932, kurz danach gaben sie die Wohnung in der Georgenkirchstraße 29 offenbar auf.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Striem. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben.

Bruno Striem verdiente seinen Lebensunterhalt mit dem An- und Verkauf von Fellen und Pelzabfällen. Er bestritt seinen Geschäftsbetrieb mit Hilfe seines jüngsten Bruders Siegbert Paul Striem in einem Kellergeschäft in der Gollnowstraße 37. Diese Straße, die die Bezirksgrenze zwischen Mitte und Friedrichshain bildete, existiert seit 1963 nicht mehr. Sie begann an der Neuen Königstraße (heute Otto-Braun-Straße) und verlief in etwa dort, wo sich die Mollstraße heute befindet.

Bruno Striem heiratete am 8. Juli 1941 Gertrude Less, geb. Preuss, geb. am 10. August 1897 in Schloppe (Westpreußen). Die beiden hatten sich wahrscheinlich durch Gertrudes Bruder, den Kürschner Julius Preuss, kennengelernt, mit dem Bruno Striem eine geschäftliche Beziehung unterhielt. Gertrude gehörte ebenfalls der jüdischen Religionsgemeinschaft an, war seit 1931 verwitwet und brachte den 1924 geborenen Sohn Herbert Less mit in die Ehe. Vermutlich lebten die beiden schon einige Jahre vor ihrer Heirat zusammen in Gertrudes Wohnung im Haus Gollnowstraße 37.

Um 1938/39 war Bruno Striem gezwungen, sein Gewerbe einzustellen und Zwangsarbeit in einer Bürstenfabrik zu verrichten. 

Der Entrechtung folgte die Deportation: Bruno und Gertrude Striem sowie Herbert Less wurden am 28. März 1942 mit dem 11. Osttransport nach Piaski deportiert. Hier verliert sich ihre Spur. 

Der kleine Ort Piaski, 23 km südöstlich von Lublin gelegen, war nach der deutschen Besetzung Polens Teil des Generalgouvernements geworden. Im Schtetl in Piaski wurde Anfang 1940 ein Ghetto eingerichtet, in das u.a. mehrere tausend Juden aus dem Deutschen Reich deportiert wurden.

Die wenigen sanitären Anlagen des Ghettos waren in einem katastrophalen Zustand, die Grundversorgung mit Nahrung und Trinkwasser absolut unzureichend. Das Ghetto, bestehend aus kleinen, hauptsächlich eingeschossigen Holzhäusern, war nicht für so viele Personen ausgelegt. Zwischen 10 und 20 Menschen mussten sich in der Regel einen Wohnraum teilen. Wer nicht bald an Hunger, Entkräftung oder Krankheiten starb, wurde in eins der Vernichtungslager deportiert und ermordet.

Brunos jüngster Bruder Siegbert Paul Striem wurde ebenfalls mit seiner Ehefrau Hertha, geb. Pukacz, mit dem 11. Osttransport nach Piaski verschleppt. Seine Geschwister Berthold Striem und Else, geschiedene Hirsch, wurden mit Elses Kindern Rudi und Bela am 9. Dezember 1942 mit dem 24. Osttransport nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Sein Bruder Salo war mit seiner Frau Erna, geb. Leiser, Ende Februar 1943 untergetaucht. Salo Striem wurde jedoch im Juli 1944 bei einer Razzia durch die Gestapo gefasst, am 10. August 1944 mit dem 56. Osttransport nach Auschwitz verschleppt und ermordet. Salos Ehefrau gelang es, in der Illegalität zu überleben.

Bruno Striems Bruder Martin war mit seiner Frau Rosa, geb. Leiser, und der Tochter Perry 1935 nach Palästina ausgewandert. Sein Bruder Hans emigrierte 1939 nach Bolivien, die Schwester Rosa, verheiratete Wolff, war im selben Jahr nach Belgien und von dort 1942 nach Frankreich ausgewandert.