Doris Abraham wurde am 16. September 1887 als Tochter des jüdischen Handelsmannes Wilhelm Löwenberg und dessen Ehefrau Fritze geb. Herrmann in der Klosterstraße 7 in Berlin-Mitte geboren. Der Vater starb bereits 1902.
Im September 1914 heiratete Doris den ebenfalls jüdischen Schuhmacher Karl Abraham. Das Ehepaar wohnte bei der Mutter der Braut in der Winsstraße 55, wo diese im März 1917 verstarb. Im Dezember kam hier der Sohn Horst Fritz Abraham zur Welt. 1919 zog die junge Familie in die Schönhauser Allee 184, wo im Februar 1920 die Tochter Vera geboren wurde. Ab der Ausgabe 1922 des Berliner Adressbuches finden wir den Haushaltsvorstand Karl Abraham dann in der Naugarder Straße 17 (Ecke Hosemannstraße 12) als Schuhmachermeister und Friedhofsbeamten. Karl arbeitete tagsüber bei der Jüdischen Gemeinde, anschließend in seiner Schuhmacherwerkstatt. Während seiner Abwesenheit führte die Ehefrau Doris das Geschäft mit Gesellen.
Karl Abraham musste - vermutlich im Zuge der antisemitischen Gesetzgebung in Nazi-Deutschland- nach 1935 Geschäft und Wohnung in der Naugarder Straße 17 aufgeben. Spätestens 1937 zog die Familie Abraham in die Prenzlauer Allee 24. Vermutlich hätte Vater Abraham seine Familie gern ins sichere Ausland gebracht, leider fehlten ihm hierzu die Möglichkeiten und finanziellen Mittel.
Anfang 1939 tat sich dann durch einen Zufall für den 21-jährigen Sohn Horst eine Möglichkeit zum Verlassen von Nazi-Deutschland auf. Einer befreundeten Familie war es gelungen, Schiffstickets für die Einreise ins visafreie (!) Shanghai /China zu bekommen. Durch den Tod des Sohnes kurz vor der Abreise war nun dieser Platz in das ferne aber doch Freiheit bedeutende China frei geworden. Familie Abraham gelang es, die notwendigen finanziellen Mittel aufzubringen, um wenigstens einem Familienmitglied so den rettenden Ausweg zu eröffnen.
Im Mai 1939 verließ Horst Abraham Nazi-Deutschland. Er arbeitete in China sehr hart, um auch für seine Familienangehörigen die nötigen finanziellen Mittel für eine Ausreise zusammenzutragen und die notwendigen Einreisegenehmigungen (Affidavits) zu bekommen. 1940 konnte Horst zwei solcher notwendigen Papiere für eine Einreise nach China erhalten. Zwei für seine drei in Berlin wartenden Familienangehörigen ! Die Schwester Vera traf die Entscheidung …..Sie heiratete am 8. September 1940 den 7 Jahre älteren in Berlin geborenen und ebenfalls jüdischen Norbert Neufeld.
Nur 4 Tage später – am 12. September 1940- verließen Doris und Karl Abraham Nazi-Deutschland. Da durch den Kriegsbeginn eine direkte Schiffspassage von Deutschland nach China nicht mehr möglich war, mussten sie mit dem Zug über Sibirien und die Mandschurei nach Shanghai reisen. Nach wochenlanger Reise trafen sie im Oktober 1940 in Shanghai ein. Sie brachten dem Sohn Horst ein Foto der Hochzeitsgesellschaft seiner Schwester mit. Von den 17 Gästen dieser Feier haben nur 3 Personen den Holocaust überlebt.
Doris, Karl und Horst Abraham erlebten in China das Kriegsende. Sie konnten 1949 in die USA emigrieren.
Die Tochter Vera, deren Mann Norbert Neufeld und ihr 1941 geborener Sohn Denny wurden im Februar 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet. An ihrem Wohnort (Weinstraße 20c – heute etwa Mollstraße 11-12) erinnern seit 2017 Stolpersteine an die Familie Neufeld.