Bella Cohn geb. Geczynski

Verlegeort
Skalitzer Straße 6
Historischer Name
Skalitzer Straße 12
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Verlegedatum
08. September 2022
Geboren
13. Juni 1899 in Berlin
Beruf
Friseurin
Deportation
am 17. März 1943 nach Theresienstadt
Später deportiert
am 19. Oktober 1944 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Bella Meta Geczynski kam am 13. Juni 1899 in Berlin als Tochter von Moses Mendel, genannt „Max“, Geczynski und dessen Ehefrau Flora, geb. Landsberger, zur Welt. Zum Zeitpunkt ihrer Geburt wohnte die Familie in der Zehdenicker Straße 7a. Bellas Eltern gehörten der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Sie wuchs mit drei Geschwistern auf: Ludwig (*1896), Margarete (*1901) und Hedwig (*1903). Außerdem hatte Bella noch drei Brüder und eine Schwester, die alle im Säuglingsalter verstarben.

Die Familie wechselte häufig den Wohnort: Ab 1901 lebten sie in Pankow, etwa 1906 zogen sie nach Rixdorf, seit ca. 1914 wohnten sie in Mariendorf und um 1918 zogen sie in die Mariannenstraße 33 in Kreuzberg. Der Vater verdiente den Lebensunterhalt der Familie mit verschiedenen Tätigkeiten: als Inhaber einer Schneiderutensilienfabrik oder Schürzenfabrik, Tischler, Maler, Inhaber einer Schnittwaren-, Posamentierwaren- oder Porzellanwarenhandlung.

Bella Geczynski erlernte in Steglitz den Beruf der Friseurin. Sie brachte am 4. November 1920 in Berlin-Neukölln ihren Sohn Manfred zur Welt. Der Vater ist unbekannt.

Am 29. Dezember 1925 heiratete Bella Geczynski in Neukölln den jüdischen Kaufmann Justus Cohn, geb. am 1. Februar 1897 in Danzig. Auch Bellas Sohn Manfred nahm den Namen seines Stiefvaters an.

Die Familie lebte zunächst in der Brandenburgstraße 56 (heute Lobeckstraße), um 1933 zogen sie in die Skalitzer Straße 12 (das Haus existiert nicht mehr und entspricht der heutigen Nr. 6). Bella Cohn war es, die im wesentlichen den Lebensunterhalt der Familie verdiente, da ihr Mann häufig krank war und fast kein Einkommen hatte. Sie war als Friseurin angestellt und arbeitete nebenbei noch selbständig.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Cohn. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben.

Bella Cohn übte ihren Beruf nun in ihrer Wohnung aus und durfte nur noch jüdische Kunden bedienen.

Sohn Manfred hatte eine Lehre als Glaser absolviert. Er ging im Juli 1939 als landwirtschaftlicher Praktikant in das jüdische Umschulungslager Gut Skaby bei Spreenhagen, südöstlich von Berlin, um sich auf eine Auswanderung nach Palästina vorzubereiten. Im Mai 1940 kam er in das Umschulungslager Polzenwerder bei Eberswalde. Doch zu einer Auswanderung sollte es nicht mehr kommen.

Aufgrund der „Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden“ konnten sich Bella, Justus und Manfred Cohn ab dem 19. September 1941 nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Manfred Cohn musste inzwischen Zwangsarbeit leisten, zuletzt war er im jüdischen Forsteinsatzlager Treplin, in der Nähe von Frankfurt (Oder), zwangsverpflichtet. Er wurde von Berlin am 2. April 1942 mit dem 12. Osttransport in das Warschauer Ghetto verschleppt, wo sich seine Spur verliert.

Auch Manfreds Eltern wurden deportiert. Bella Cohns Schwester Margarete Krumnow schildert die Ereignisse in den Entschädigungsakten so: „Anfang 1943 erhielt ich von meinem Schwager Justus einen Telefonanruf, in dem er mir mitteilte, dass ihn die Gestapo verhaftet habe. Ich sollte meine Schwester aufsuchen und ihr davon Mitteilung machen. Ich bin daraufhin sofort zu meiner Schwester gefahren und war ihr behilflich, einiges Handgepäck zu packen. Ich habe sie bis zur Sammelstelle in der Großen Hamburger Straße begleitet.“

Bella und Justus Cohn wurden am 17. März 1943 mit dem 4. großen Alterstransport nach Theresienstadt und von dort am 19. Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert. Bella Cohn wurde wahrscheinlich sofort nach der Ankunft ermordet. Ihr Ehemann wurde am 27. Oktober von Auschwitz nach Kaufering, einem Außenlager des KZ Dachau, verschleppt. Justus Cohn kam am 15. März 1945 in Dachau ums Leben.

Bellas Mutter hatte nach dem Tod des Vaters 1936 noch einmal geheiratet, die Ehe wurde aber bereits nach wenigen Monaten geschieden. Flora Fraenkel wurde am 20. August 1942 mit dem 46. Alterstransport nach Theresienstadt und von dort am 18. Mai 1944 nach Auschwitz verschleppt und ermordet.

Bellas Schwester Hedwig war Ende der 1930er Jahre nach Palästina emigriert. Ihr Bruder Ludwig war ebenfalls ausgewandert. Er starb 1958 in Paris. Bellas Schwester Margarete war durch ihre „Mischehe“ vor der Deportation geschützt: Sie hatte 1931 den Nicht-Juden Robert Krumnow geheiratet, mit dem sie 1932 die Tochter Ilse bekam. Das Lebensmittelgeschäft, das Margarete Krumnow seit 1933 in der Bochumer Straße 7 in Moabit führte, wurde in der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 zerstört. Die Familie Krumnow zog Anfang 1939 in die Immanuelkirchstraße 30 im Prenzlauer Berg, wo sie das Kriegsende erlebte.