Justus Cohn

Verlegeort
Skalitzer Straße 6
Historischer Name
Skalitzer Straße 12
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Verlegedatum
08. September 2022
Geboren
01. Februar 1897 in Danzig (Westpreußen) / Gdańsk
Beruf
Kaufmann
Deportation
am 17. März 1943 nach Theresienstadt
Später deportiert
am 19. Oktober 1944 nach Auschwitz
Später deportiert
am 27. Oktober 1944 nach Dachau
Ermordet
15. März 1945 in Dachau, Außenlager Kaufering

Justus Cohn kam am 1. Februar 1897 in Danzig, der Hauptstadt der preußischen Provinz Westpreußen, als Sohn des jüdischen Glasermeisters Bernhard Cohn und dessen Ehefrau Röschen, geb. Schwersenz, zur Welt. Justus hatte mindestens noch drei Geschwister: Gerhard (*1898), Harry (*1900) und Hanna (*1905). Über die Kindheit und Jugend von Justus Cohn haben sich keine Informationen erhalten. Er erlernte den Beruf des Kaufmanns und nahm am Ersten Weltkrieg teil. Kurz vor Kriegsende wurde er schwer verwundet und erhielt dafür später das Verwundetenabzeichen.

Wahrscheinlich übersiedelte Justus Cohn Anfang der 1920er Jahre von Danzig nach Berlin. Dort heiratete er am 29. Dezember 1925 die Friseurin Bella Geczynski, geb. am 13. Juni 1899 in Berlin. Auch sie gehörte der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Seine Frau brachte den unehelich geborenen Sohn Manfred (*1920) mit in die Ehe, der den Nachnamen seines Stiefvaters annahm.

Die Familie lebte zunächst in der Brandenburgstraße 56 (heute Lobeckstraße), um 1933 zogen sie in die Skalitzer Straße 12 (das Haus existiert nicht mehr und entspricht der heutigen Nr. 6). Bella Cohn war es, die im wesentlichen den Lebensunterhalt der Familie verdiente, da ihr Mann häufig krank war und fast kein Einkommen hatte. Sie war als Friseurin angestellt und arbeitete nebenbei noch selbständig.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Cohn. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben.

Bella Cohn übte ihren Beruf nun in ihrer Wohnung aus und durfte nur noch jüdische Kunden bedienen.

Sohn Manfred hatte eine Lehre als Glaser absolviert. Er ging im Juli 1939 als landwirtschaftlicher Praktikant in das jüdische Umschulungslager Gut Skaby bei Spreenhagen, südöstlich von Berlin, um sich auf eine Auswanderung nach Palästina vorzubereiten. Im Mai 1940 kam er in das Umschulungslager Polzenwerder bei Eberswalde. Doch zu einer Auswanderung sollte es nicht mehr kommen.

Aufgrund der „Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden“ konnten sich Justus, Bella und Manfred Cohn ab dem 19. September 1941 nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Manfred Cohn musste inzwischen Zwangsarbeit leisten, zuletzt war er im jüdischen Forsteinsatzlager Treplin, in der Nähe von Frankfurt (Oder), zwangsverpflichtet. Er wurde von Berlin am 2. April 1942 mit dem 12. Osttransport in das Warschauer Ghetto verschleppt, wo sich seine Spur verliert.

Auch Manfreds Eltern wurden deportiert. Bella Cohns Schwester Margarete Krumnow schildert die Ereignisse in den Entschädigungsakten so: „Anfang 1943 erhielt ich von meinem Schwager Justus einen Telefonanruf, in dem er mir mitteilte, dass ihn die Gestapo verhaftet habe. Ich sollte meine Schwester aufsuchen und ihr davon Mitteilung machen. Ich bin daraufhin sofort zu meiner Schwester gefahren und war ihr behilflich, einiges Handgepäck zu packen. Ich habe sie bis zur Sammelstelle in der Großen Hamburger Straße begleitet.“

Justus und Bella Cohn wurden am 17. März 1943 mit dem 4. großen Alterstransport nach Theresienstadt und von dort am 19. Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert. Bella Cohn wurde wahrscheinlich sofort nach der Ankunft ermordet. Ihr Ehemann wurde am 27. Oktober von Auschwitz nach Kaufering verschleppt.

Seit Juni 1944 entstand der KZ-Lagerkomplex „Kaufering“ mit elf Außenlagern des KZ Dachau. Unter Ausbeutung der Arbeitskraft von überwiegend jüdischen Häftlingen sollten hier drei halbunterirdische Großbunker für die deutsche Flugzeugproduktion entstehen. Wegen der menschenunwürdigen Unterbringung, härtester körperlicher Arbeit, aufgrund von Hunger, Kälte und Krankheiten war die Sterblichkeitsrate besonders hoch. Justus Cohn kam am 15. März 1945 in Dachau ums Leben.

Justus' Bruder Harry war bereits 1914, sein Bruder Gerhard 1930 in Danzig gestorben. Das Schicksal seiner Schwester Hanna, verheiratete Stockmann, ist unbekannt.