Clara Boas geb. Hultschinski

Verlegeort
Wilhelmsaue 132
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
30. Juli 2005
Geboren
12. April 1873 in Königshütte
Deportation
am 25. Januar 1942 nach Riga
Ermordet
in Riga

Clara Boas geb. Hultschinski, am 12. April 1873 in Königshütte (Schlesien) geboren. In Berlin wohnte sie Wilhelmsaue 132 und war im Adressbuch 1939 als „Ww.“ (Witwe) eingetragen. Welchen Beruf sie hatte, wo sie vorher wohnte und wer ihr Ehemann war, ist unbekannt. Sie wurde am 25. Januar 1942 aus Berlin in die Hauptstadt Lettlands, nach Riga, deportiert und in der Umgebung ermordet.

Clara (Klara) Boas kam am 12. April 1873 als Clara Hedwig Huldschinsky im oberschlesischen Königshütte (Chorzów/Polen) auf die Welt. Sie war die Tochter von Siegfried Huldschinsky (1832–1932) und seiner Ehefrau Bertha, geb. Ring (ca.1845–?), die 1865 in Zabrze geheiratet hatten. Ihre Eltern hatten bereits drei Kinder (ein viertes war ein Jahr nach seiner Geburt gestorben): Bruno war 1866 in Kattowitz geboren, Flora 1867 und Max 1871 in Königshütte. Ihr Vater stammte aus einer großen und bekannten oberschlesischen Familie, die in der dortigen Eisen- und Schwerindustrie eine bedeutende Rolle spielte, sein Onkel Salomon Huldschinsky (1819–1877) hatte die Firma S. Huldschinsky & Söhne gegründet, ursprünglich eine „Rohr-Fabrik“ in Gleiwitz (Gliwice).

1891 findet sich ihr Vater Siegfried Huldschinsky als Kaufmann im Adressbuch von Gleiwitz. Er war Hüttenverwalter der Huldschinsky-Werke in Gleiwitz, „Platzhalter“, wie es 1920 in einem Nachruf stand. – Sein Bruder Edwin (1837 Oels – 1913 Berlin) war mit dem Vetter Oscar Huldschinsky (1846–1931) Besitzer von S. Huldschinsky & Söhne, er gehörte um 1900 zu den deutschen Millionären.

Clara Boas lernte keinen Beruf und wohnte bei den Eltern, nach dem Tod ihrer Mutter bei dem verwitweten Vater in der Neudorferstraße. Der Vater lebte später viele Jahre in der Kronprinzenstraße, in der sich auch Gebäude des Werkes befanden.

Am 17. September 1903 heiratete Clara Huldschinsky in Berlin den 1859 in Breslau geborenen Fabrikdirektor Albert Boas. Trauzeugen waren der Bankdirektor und Charlottenburger Stadtrat Louis Ring, ein Verwandter ihrer Mutter, und ihr Schwager Michaelis Brock, Ehemann von Martha Albert Boas.

Ihr Ehemann wohnte zum Zeitpunkt der Hochzeit in Ratibor (Racibórz/Polen)) Seine Eltern waren bereits tot. Das Ehepaar wohnte anfangs in der Hohenstaufenstraße 51 in (Berlin-)Schöneberg.

Am 15. April 1905 wurde der Sohn Frank Bernhart Ewart geboren, der 1907 offiziell den Vornamen Günther bekam. Clara und Albert Boas waren kaum fünf Jahre verheiratet: Am 18. August 1908 starb Albert Boas in einer Privatklinik im Charlottenburger Westend. Er muss schon längere Zeit krank gewesen sein. Die verwitwete Clara Boas zog mit ihrem Sohn in eine Wohnung im dritten Stock des Hauses Berchtesgardener Straße 15 im Bayerischen Viertel. Dort lebten sie bis 1930.

1920 starb ihr Vater Siegfried Huldschinsky in Gleiwitz und wurde dort auf dem Jüdischen Friedhof beerdigt. – Wie der Kontakt zu ihren zahlreichen Verwandten in Berlin aussah, lässt sich leider nicht mehr feststellen.

Vom Bayerischen Viertel zog Clara Boas in die Wilhelmsaue 132 in Berlin-Wilmersdorf. 1937 heiratete ihr Sohn Günther die 1914 geborene Marietta (Charlotte Melanie) Feinberg und emigrierte mit ihr ein Jahr später nach Neuseeland. Clara Boas’ Untermieter wurde während des Zweiten Weltkriegs der 1876 geborene ledige Kaufmann Jakob Munter, der aus Neidenburg in Ostpreußen stammte, wo er während der Volkszählung im Mai 1939 noch gelebt hatte. Jakob Munter wurde am 13. Januar 1942 nach Riga deportiert und dort ermordet. An ihn erinnert ebenfalls ein Stolperstein vor dem Haus Wilhelmsaue 132.

Clara Boas wurde knapp zwei Wochen später, am 25. Januar 1942, mit dem „10. Osttransport“ vom Güterbahnhof Moabit nach Riga verschleppt. 1000 Personen gehörten zu diesem Transport. Der Zug kam am 30. Januar 1942 in Riga an, auf der langen Fahrt in großer Kälte waren bereits viele Menschen erfroren. Von den am Leben Gebliebenen überlebten nur dreizehn den Krieg. Clara Boas wurde ermordet.

Ihre Schwiegertochter Marietta starb 1978, ihr Sohn Günther Boas 1987. Sie hatten mehrere Kinder.