Israel Nußbaum wurde am 31. Dezember 1886 in Niederaula in Hessen geboren. Mit seiner Frau Toni Therese (geb. Sichel) hatte er zwei Kinder, die Zwillinge Hans Egon und Ingeborg Hannchen (*24. März 1926). Israel Nußbaum war Inhaber der 1915 gegründeten Ledergroßhandlung Richard Brandt, die Schuhmacherbedarfsartikel vertrieb und sich in der Großen Frankfurter Straße 87 (heute Karl-Marx-Allee) befand. Anfangs gab es eine Filiale in Dortmund, ab 1930 wurden insgesamt vier Zweigniederlassungen in Berlin gegründet. Auch seine Frau Toni arbeitete im Geschäft mit. Israel Nußbaum hatte außerdem Mieteinkünfte aus seinem Haus in der Memeler Straße 44 (heute Marchlewskistraße 18) und erhielt eine kleine Kriegsbeschädigtenrente. Mit seiner Familie wohnte er in der Klopstockstraße 29 in Berlin-Tiergarten (heute Bartningallee 7, Hansaviertel). In der Wohnung gab es viele Kunstgegenstände, die Israel Nußbaum von seinen regelmäßigen Besuchen bei der Leipziger Messe mitbrachte. <br />
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Seine Kinder wurden im Alter von sechs bis zehn Jahren von einem Privatlehrer unterrichtet und besuchten anschließend eine Privatschule. Nach etwa einem Jahr wurden alle jüdischen Kinder der Schule verwiesen und sie mussten zur jüdischen Schule in Alt-Moabit wechseln. Mitte der 1930er Jahre zogen Israel Nußbaums Schwiegervater Abraham Sichel und sein Schwager Paul Sichel nach Berlin und in seine Wohnung in der Klopstockstraße. Sie hatten ihr Geschäft im hessischen Büdingen aufgrund der antisemitischen Verfolgung schließen müssen. In Berlin unterstützten sie Israel Nußbaum in seinem Betrieb, der ebenfalls infolge der Boykottaufrufe zunehmend eingeschränkt wurde. <br />
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Ab Oktober 1938 befand sich Israel Nußbaums Mietshaus in der Memeler Straße zwangsweise unter öffentlicher Verwaltung. Als Verwalter wurde sein ehemaliger Buchhalter Hans Thiele eingesetzt. Am 9. November 1938 rief eine Nichte von Israel Nußbaum an und sagte, er solle einen Spaziergang machen. Die Familie verstand die Warnung, sich besser nicht zu Hause aufzuhalten. Israel Nußbaum begab sich in die Wohnung seiner Schwester, Paul Sichel zu seiner Freundin. Die Frau des Hausmeisters klingelte kurz darauf und fragte, ob Israel Nußbaum zu Hause sei. Ob sie ihn warnen wollte oder von der Gestapo vorgeschickt worden ist, konnte nie geklärt werden. Zehn Minuten später kamen zwei Männer in schwarzen Ledermänteln, die die Wohnung vergeblich nach Israel Nußbaum durchsuchten. Dessen Bruder, der in Dortmund als Lehrer arbeitete, wurde während des Novemberpogroms verhaftet und für sechs Wochen in einem Konzentrationslager inhaftiert. Bei seiner Freilassung hatte er Erfrierungen an Fingern und Zehen.<br />
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Seit den Erfahrungen der Pogrome vom November 1938 plante Familie Nußbaum, Deutschland zu verlassen. Für die damals 13-jährige Tochter Ingeborg eröffnete sich im Frühjahr 1939 eine Chance zur Emigration. An der jüdischen Schule, die sie und ihr Bruder besuchten, wurden Formulare einer Londoner Mädchenschule verteilt, die drei Schülerinnen – jeweils aus Österreich, der Tschechoslowakei und Deutschland – einen Schulbesuch in England ermöglichte. Ingeborg wurde ausgewählt und reiste am 21. Mai 1939 über die Niederlande nach London. Dort wurde sie von Familie Denham aufgenommen. Vor der Abreise baten ihre Eltern sie, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um auch der restlichen Familie die Flucht zu ermöglichen. Ingeborgs Gasteltern erklärten sich bereit, ihren Bruder Hans zu adoptieren. Er konnte Anfang August 1939 mit einem Kindertransport nach England ausreisen. Doch für Israel und Toni Nußbaum gab es keine Möglichkeit, ihren Kindern zu folgen.<br />
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Durch die „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ war Israel Nußbaum gezwungen, sein Geschäft aufzugeben. Seine kostbaren Kunstgegenstände musste er aufgrund der im Februar 1939 reichsweit erlassenen Verordnung zur Abgabe von Schmuck- und Edelmetallgegenständen aus jüdischem Besitz in der städtischen Pfandleihanstalt abliefern. Wie ein großer Teil der jüdischen Bevölkerung mussten auch Israel und Toni Nußbaum ihre Wohnung verlassen und wurden gezwungen, in eine überbelegte Wohnung anderer Juden umzuziehen. Ende Februar 1941 wurden sie aus der Wohnung in der Klopstockstraße ausgewiesen. Sie zogen mit Israel Nußbaums Schwiegervater nach Charlottenburg in die Schillerstraße 6, wo sie bei Paul Rosenbaum zur Untermiete wohnten. In einem letzten Brief, den sie ihren Kindern aus Berlin schickten, baten sie darum, Geld für eine Flucht nach Shanghai aufzutreiben. Doch auch diese letzte Hoffnung wurde zerschlagen. Israel Nußbaum wurde am 17. Juli 1942 zusammen mit seiner Frau und seinem Schwiegervater nach Theresienstadt deportiert. Abraham Sichel starb dort am 5. Dezember desselben Jahres. Am 1. Oktober 1944 wurde Israel Nußbaum nach Auschwitz verschleppt, seine Frau fünf Tage später. Beide wurden vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet. <br />
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Die Tochter Ingeborg kam nach Kriegsende für zwei Jahre zurück nach Deutschland. Sie war in Pullach bei München im Auftrag der Alliierten als Übersetzerin von abgefangenen Briefen tätig, die Auskunft über versteckte NS-Täter liefern sollten. Ihre Nachforschungen über das Schicksal ihrer Familie ergaben, dass von 18 vermissten Angehörigen lediglich eine Tante und eine Cousine überlebt haben. <br />
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Während Israel Nußbaums Sohn Hans in England blieb, ging Ingeborg, die ihren Vornamen in Joan änderte, 1947 in die USA. Sie heiratete Gerald Schwab, einen ebenfalls aus Deutschland geflohenen Juden, der im diplomatischen Dienst tätig war. Der Audiomitschnitt eines Interviews aus dem Jahr 1996, in dem sie von den Erlebnissen in ihrer Kindheit und Jugend berichtet, ist über die Webseite des United States Holocaust Memorial Museum abrufbar.<br />
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Seine Kinder wurden im Alter von sechs bis zehn Jahren von einem Privatlehrer unterrichtet und besuchten anschließend eine Privatschule. Nach etwa einem Jahr wurden alle jüdischen Kinder der Schule verwiesen und sie mussten zur jüdischen Schule in Alt-Moabit wechseln. Mitte der 1930er Jahre zogen Israel Nußbaums Schwiegervater Abraham Sichel und sein Schwager Paul Sichel nach Berlin und in seine Wohnung in der Klopstockstraße. Sie hatten ihr Geschäft im hessischen Büdingen aufgrund der antisemitischen Verfolgung schließen müssen. In Berlin unterstützten sie Israel Nußbaum in seinem Betrieb, der ebenfalls infolge der Boykottaufrufe zunehmend eingeschränkt wurde.
Ab Oktober 1938 befand sich Israel Nußbaums Mietshaus in der Memeler Straße zwangsweise unter öffentlicher Verwaltung. Als Verwalter wurde sein ehemaliger Buchhalter Hans Thiele eingesetzt. Am 9. November 1938 rief eine Nichte von Israel Nußbaum an und sagte, er solle einen Spaziergang machen. Die Familie verstand die Warnung, sich besser nicht zu Hause aufzuhalten. Israel Nußbaum begab sich in die Wohnung seiner Schwester, Paul Sichel zu seiner Freundin. Die Frau des Hausmeisters klingelte kurz darauf und fragte, ob Israel Nußbaum zu Hause sei. Ob sie ihn warnen wollte oder von der Gestapo vorgeschickt worden ist, konnte nie geklärt werden. Zehn Minuten später kamen zwei Männer in schwarzen Ledermänteln, die die Wohnung vergeblich nach Israel Nußbaum durchsuchten. Dessen Bruder, der in Dortmund als Lehrer arbeitete, wurde während des Novemberpogroms verhaftet und für sechs Wochen in einem Konzentrationslager inhaftiert. Bei seiner Freilassung hatte er Erfrierungen an Fingern und Zehen.
Seit den Erfahrungen der Pogrome vom November 1938 plante Familie Nußbaum, Deutschland zu verlassen. Für die damals 13-jährige Tochter Ingeborg eröffnete sich im Frühjahr 1939 eine Chance zur Emigration. An der jüdischen Schule, die sie und ihr Bruder besuchten, wurden Formulare einer Londoner Mädchenschule verteilt, die drei Schülerinnen – jeweils aus Österreich, der Tschechoslowakei und Deutschland – einen Schulbesuch in England ermöglichte. Ingeborg wurde ausgewählt und reiste am 21. Mai 1939 über die Niederlande nach London. Dort wurde sie von Familie Denham aufgenommen. Vor der Abreise baten ihre Eltern sie, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um auch der restlichen Familie die Flucht zu ermöglichen. Ingeborgs Gasteltern erklärten sich bereit, ihren Bruder Hans zu adoptieren. Er konnte Anfang August 1939 mit einem Kindertransport nach England ausreisen. Doch für Israel und Toni Nußbaum gab es keine Möglichkeit, ihren Kindern zu folgen.
Durch die „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ war Israel Nußbaum gezwungen, sein Geschäft aufzugeben. Seine kostbaren Kunstgegenstände musste er aufgrund der im Februar 1939 reichsweit erlassenen Verordnung zur Abgabe von Schmuck- und Edelmetallgegenständen aus jüdischem Besitz in der städtischen Pfandleihanstalt abliefern. Wie ein großer Teil der jüdischen Bevölkerung mussten auch Israel und Toni Nußbaum ihre Wohnung verlassen und wurden gezwungen, in eine überbelegte Wohnung anderer Juden umzuziehen. Ende Februar 1941 wurden sie aus der Wohnung in der Klopstockstraße ausgewiesen. Sie zogen mit Israel Nußbaums Schwiegervater nach Charlottenburg in die Schillerstraße 6, wo sie bei Paul Rosenbaum zur Untermiete wohnten. In einem letzten Brief, den sie ihren Kindern aus Berlin schickten, baten sie darum, Geld für eine Flucht nach Shanghai aufzutreiben. Doch auch diese letzte Hoffnung wurde zerschlagen. Israel Nußbaum wurde am 17. Juli 1942 zusammen mit seiner Frau und seinem Schwiegervater nach Theresienstadt deportiert. Abraham Sichel starb dort am 5. Dezember desselben Jahres. Am 1. Oktober 1944 wurde Israel Nußbaum nach Auschwitz verschleppt, seine Frau fünf Tage später. Beide wurden vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet.
Die Tochter Ingeborg kam nach Kriegsende für zwei Jahre zurück nach Deutschland. Sie war in Pullach bei München im Auftrag der Alliierten als Übersetzerin von abgefangenen Briefen tätig, die Auskunft über versteckte NS-Täter liefern sollten. Ihre Nachforschungen über das Schicksal ihrer Familie ergaben, dass von 18 vermissten Angehörigen lediglich eine Tante und eine Cousine überlebt haben.
Während Israel Nußbaums Sohn Hans in England blieb, ging Ingeborg, die ihren Vornamen in Joan änderte, 1947 in die USA. Sie heiratete Gerald Schwab, einen ebenfalls aus Deutschland geflohenen Juden, der im diplomatischen Dienst tätig war. Der Audiomitschnitt eines Interviews aus dem Jahr 1996, in dem sie von den Erlebnissen in ihrer Kindheit und Jugend berichtet, ist über die Webseite des United States Holocaust Memorial Museum abrufbar.