Elly Goldstein geb. Jonas

Verlegeort
Niebuhrstr. 67
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
11. Dezember 2006
Geboren
15. Januar 1888 in Eberswalde
Tot
29. Mai 1941 in Berlin

Elly Jonas kam am 15. Januar 1888 in Eberswalde auf die Welt. Sie war eine Tochter des Kaufmannes Hermann Jonas und seiner Frau Minna geb. Dobrin. Die Familie wohnte in der Steinstraße 14 und hatte vier weitere Kinder: Lotte Laura war ein Jahr älter als Elly, Fritz ein Jahr jünger. Der 1890 geborene Ernst wurde nur 8 Monate alt, und schließlich kam noch 1897 Margarete als Nachkömmling. 1900 wurde Hermann Jonas Teilhaber der in Berlin neu gegründeten chemischen Fabrik seines Schwagers Carl Dobrin "Dr. Dobrin & Co" und 1904 siedelte er mit seiner Familie nach Berlin um, in die Uferstraße 13 (Wedding). Um 1910 starb Hermann Jonas, und seine Witwe bezog eine Wohnung in Schöneberg, Rosenheimer Straße 28. Dort wohnte Elly, bevor sie am 19. Juni 1914 Julius Goldstein in Schöneberg heiratete.

Das Paar zog in die Niebuhrstraße 57. Elly und Julius bekamen zwei Söhne: Ernst wurde am 23. April 1915 geboren, Werner Nathan am 26. März 1920. Sie erzogen ihre Söhne im jüdisch-liberalen Geist. Ernst war das Sorgenkind der Familie, schon mit 11 Jahren litt er an Angst- und Wahnvorstellungen und musste wiederholt in Nervenkliniken behandelt werden.

Nach fast 20 Jahren in der Niebuhrstraße 57, zog die Familie 1932 in das Haus um, in dem Ellys Schwager Harry Goldstein wohnte, Niebuhrstraße 67. Unklar ist, ob das eine Verbesserung oder eine Verschlechterung war. Mit Sicherheit verschlechterte sich mit der Übertragung der Macht an Hitler für sie wie für alle Juden die Lage. Die Konsequenzen hatte auch Sohn Werner zu tragen,  der in Berlin keine Lehrstelle fand, aber in Luckenwalde in der Metallwarenfabrik eines ungarisch-jüdischen Unternehmers eine Ausbildung als Werkzeugmacher bis 1938 machen konnte. Ernst bekam Arbeit in einer Matratzenfabrik als „Matratzenspanner“.

Wie alle Juden waren Goldsteins betroffen von den Ausgrenzungs- und Diskriminierungsmaßnahmen der Nationalsozialisten. Nach den Pogromen vom 9./10. November 1938 vermehrten sich entsprechende Verordnungen sprunghaft. Noch im November wurden in Luckewalde alle jüdischen Männer zwischen 16 und 60 verhaftet, darunter der 18jährige Werner Goldstein. Er kam in das KZ Sachsenhausen. Im Dezember wurde er entlassen - mit der Auflage, so schnell wie möglich Deutschland zu verlassen. Werner gelang es, im Februar 1939 nach Großbritannien zu flüchten. 

Am 29. Mai 1941, so musste es Julius Goldstein zwei Tage später zu Protokoll geben, starb Elly im Jüdischen Krankenhaus. Offizielle Todesursache: Blutarmut, innere Blutungen - sehr wahrscheinlich die Folgen der vielen Entbehrungen, denen Juden inzwischen ausgesetzt waren. Der Tod der Mutter verursachte bei Ernst einen akuten Krankheitsschub und er wurde in die Wittenauer Heilstätten (seit 1957 Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik) eingewiesen.  Dort starb er nach wenigen Wochen am 11. Juli 1941. Möglicherweise wurde er Opfer der Euthanasiemorde, in die auch die Wittenauer Heilstätten verstrickt waren.

Julius Goldstein verlor also in kurzer Zeit seine Frau und seinen Sohn. Am 19. Februar 1943 wurde er nach Auschwitz deportiert. Wahrscheinlich gehörte er nicht zu denen, die zur Zwangsarbeit „selektiert“ wurden, sondern wurde gleich in den Gaskammern ermordet. 

Von Ellys Geschwistern überlebte nur Margarethe verheiratete Lederer, sie emigrierte nach London, wo sie 1980 starb. Fritz Jonas und seine Schwester Lotte betrieben ein Kaufhaus in Naumburg, das sie im Zuge der "Arisierung" verloren. Sie wurden am 21. Januar 1942 in das Ghetto Riga deportiert. Lotte starb dort bald darauf, Fritz wurde am 4. August 1944 weiter nach Stutthof verschleppt, wo er am 1. Januar 1945 ums Leben kam. Ellys Mutter Minna Jonas, schon lange verwitwet, deportierte man am 14. August 1942 nach Theresienstadt, wo sie kurz darauf, am 5. September, verstarb. In Naumburg/Saale wurden vor dem Haus Herrenstraße 16/17 Stolpersteine für Lotte und Fritz Jonas verlegt.

Ellys Sohn Werner Nathan überlebte, er wurde bei Kriegsbeginn in England interniert und nach Australien deportiert, 1941 kam er zurück nach London. 1947 siedelte er  nach Ostberlin um, er war inzwischen KPD-Mitglied geworden. Er studierte Journalistik in Leipzig, um anschließend als Auslandskorrespondent und Wirtschaftsredakteur für die Zeitung "Neues Deutschland" zu arbeiten. Er starb 2006.