Käte Levy geb. Brandt

Verlegeort
Seesener Straße 50
Bezirk/Ortsteil
Halensee
Verlegedatum
28. April 2015
Geboren
08. September 1891 in Landsberg a. d. Warte / Gorzów Wielkopolski
Deportation
am 26. Februar 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz
Julius Levy wurde am 16. Januar 1892 in Niedermarsberg bei Brilon in Westfalen geboren. Er war der Sohn von Michael und Anna Levy, Er lebte in Ludwigshafen und Mannheim und ab 1937 in Berlin. Verheiratet war er mit Käte Levy geb. Brandt, am 8. September 1891 in Landsberg an der Warthe geboren. Ihre Eltern waren Max und Anna Brandt. Der Kreis Landsberg gehörte damals zur preußischen Provinz Brandenburg und heute zu Polen. Ihr Sohn Werner Levy kam am 6. Juli 1926 in Kamen (Westfalen) zur Welt.

Familie Levy war eine wohlhabende Familie und lebte bis Anfang 1936 in Ludwigshafen. Der Textilkaufmann Julius Levy war Geschäftsführer und Mitinhaber der Brandt GmbH, eines Textilkaufhauses mit einigen Filialen in anderen Städten. Die Firma wurde 1936 arisiert und in Klebs KG Klebs das Textilhaus umbenannt. 1953 lagen die alten Geschäftsbücher noch vor, die Levys Einkommen nachwiesen (Klebs ging 1963 in Liquidation). Am 1.2.1936 hörte Julius Levy in Ludwigshafen auf, die Familie zog 1937 nach Berlin und lebte dort von ihrem Vermögen. Im Zuge der Arisierung hatte Levy seine Anteile an der Firma – weit unter Wert – verkaufen müssen.

Seit 1937 wohnten die Levys in der Seesener Straße 50 in einer Drei-Zimmer-Wohnung im 3. Stock. Bis Ende Februar 1943 zahlten sie ihre 98 RM Miete. Ihr gediegenes Mobiliar, darunter Mahagonimöbel, Teppiche und Porzellan, eine Nähmaschine sowie eine Bibliothek mit 80 Büchern, zeugte von den besseren Zeiten, als Julius noch ein erfolgreicher Geschäftsmann sein durfte. Fahrräder, Tafelsilber, Edelmetalle, Pelze und Schmuck musste die Familie, wie alle Juden in Deutschland, schon seit 1939 abgeben. Käte Levy war Hausfrau. In Berlin ging Julius Levy keiner Arbeit nach. Er wurde deswegen vom Finanzamt Wilmersdorf Nord verdächtigt, die Ausreise bzw. Flucht vorzubereiten und musste neben der Judenvermögensabgabe von 4750 RM (Sühneleistung der Juden von 21. Nov. 1938) seine Wertpapiere bei der Deutschen Bank im Wert von 10.300 RM dem Deutschen Reich vertreten durch das Finanzamt Nord als Reichsfluchtsteuer als Sicherheit verpfänden. Das Finanzamt wurde von der Vermögensverwertungsstelle gebeten, darüber zu verfügen. Die Bank rechnet weiterhin ein gemeinsames Konto der Eheleute ab. Dass es keine Arbeit für Juden gab, zählte nicht. Julius Levys Beschwerde gegen die Arisierung seiner Firma wurde abgewiesen, er hätte ja verkauft, hieß das unverschämte Argument..

Die beiden Kinder der Levys, Marga und Werner, mussten in Berlin die jüdische Schule besuchen. Eine höhere Schule blieb ihnen jedoch verwehrt. Um ein Handwerk zu erlernen, wurde Tochter Marga zu Hutmachern in die Lehre geschickt, wo sie später etwas Geld verdienen konnte. Dieser Arbeit konnte das Mädchen nur unter ständig wachsenden Schwierigkeiten und am Ende im Verborgenen nachgehen, was sie – neben der Sorge um ihren Vater – sehr belastete.

In der Reichsprogromnacht am 9. November 1938 wurde Julius Levy wie viele andere jüdische Männer verhaftet und in das Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt, wo er bis zum 16. Dezember 1938 festgehalten wurde. Für die Familie ein traumatisches Erlebnis. Nach Berichten der überlebenden Tochter Marga suchte die Mutter vergeblich nach ihrem Mann. Die Polizei verweigerte ihr Auskunft. Als der Vater dann endlich nach Hause kam, sei er ein gebrochener Mann gewesen. Die Hände von harter Erdarbeit im Freien, dem Frost ungeschützt ausgesetzt, mit Erfrierungen schwer verletzt. Seelisch zerrüttet hätte er sehr lange gebraucht, um sich von dieser Erfahrung zu erholen. Er werde sich eher umbringen, bevor er noch einmal in ein Konzentrationslager gehe, soll Julius seiner Familie gesagt haben. Die Familie spielte offenbar mit dem Gedanken auszuwandern und hielt auch deshalb ihre Tochter an, ein Handwerk zu erlernen. Am Ende gelang es den Levys nur, die damals 15-Jährige noch auf einem der letzten Kindertransporte nach England unterzubringen, was dieser als einziger der Familie das Leben rettete.

Julius, Käte und Werner Levy lebten noch bis zum 24. Februar 1943 in der Seesener Straße. Alle drei mussten Zwangsarbeit leisten, bis sie verschleppt wurden. Julius Levy musste vom Mai 1940 bis zu seiner Deportation bei der Firma Philipps Electro Spezial, Große Frankfurter Straße 54, im Tiefbau arbeiten, Käte Levy bei der Firma Liening in Weißensee, Generalstraße. 8-9, und Werner Levy war bei der Firma Spinnstoff Zehlendorf AG beschäftigt

Die Levys stehen auf der Liste der von den NS-Behörden als 30. Osttransport gezählten Deportation nach Auschwitz. Sie wurden zuvor im Sammellager Große Hamburger Straße festgehalten, dort erreichte sie am 24.2.43 im Haus Berlin N4 die Zustellungsurkunde des Obergerichtsvollziehers, der dann über ihr Vermögen verfügte. Ihre Wohnung samt Einrichtung wurde von der Stadt beschlagnahmt und am 30.4.43 einem ausgebombten Berliner zugewiesen, der auch die Einrichtung der Levys für eine Summe weit unter ihrem Wert übernahm. Der Hausverwalter Walter Schauer beantragte Rückerstattung für März/April der entgangenen Mieten von 196 RM und bekam diese auch im September von der Vermögensverwertungstelle überwiesen.

Julius, Käte und Werner Levy sind am 26. Februar 1943 vom Bahnhof Grunewald mit 913 Menschen, darunter Else Blumenthal und Betty Valk, nach Auschwitz-Birkenau in Polen gebracht worden. Er war 51, sie war 52, Werner war 16 Jahre alt.

Marga Forester, geb. Levy, die am 30. Juli 1923 in Unna/Westfalen geboren wurde und Werners ältere Schwester war, ist am 14. Februar 2014 in Philadelphia/USA gestorben. Sie wurde 90 Jahre alt.

Mit einem kleinen Koffer und ein paar Familienfotos wurde das Mädchen von der Mutter zum Bahnhof gebracht. Sie konnte keinerlei Vermögenswerte ihrer einst wohlhabenden Eltern mitnehmen. Marga wurde von einer christlichen Familie auf dem Land aufgenommen, wo sie zwei Jahre lebte. Zu dieser Familie hielt sie bis an ihr Lebensende Kontakt. Während des Krieges arbeitete sie als Köchin für die englische Feuerwehr. Später arbeitete sie als Hutmacherin und Schneiderin. Sie heiratete ihren Schicksalsgenossen Frank Fernbach (später Forester) aus Gleiwitz/Pommern, der ebenfalls mit einem Kindertransport nach England gekommen war. Weil sie sich dort bessere Chancen erhofften, zogen die beiden später in die USA und starben dort Ende 2013 und Anfang 2014 im Alter von 88 bzw. 90 Jahren. Sie hinterließen eine Tochter, eine Enkelin und einen Urenkel.

Margas einzige Tochter, Carole Parker, hat uns die Fotos und die Biografie ihrer Mutter zur Verfügung gestellt. Marga Forester hatte ihre Lebensgeschichte für ihre Familie aufgeschrieben. Über die Zeit in Berlin schreibt sie darin leider sehr wenig. Von 1951 bis 1967 kämpfte Marga um Entschädigung bzw. um Wiedergutmachung von Verlusten. Das Problem: Für jede Person und für jeden Posten (Verlust an Vermögen, an beruflichem Fortkommen, Verlust an Freiheit oder Leben) mussten einzelne Anträge gestellt und Nachweise erbracht werden. Wie lange die Eltern und der Bruder im Lager überlebten, ist unbekannt. Unter anderem wegen der Masse an Anträgen und der vorrangigen Dringlichkeit älterer Antragsteller war das Amt überlastet. Die Verfahren waren mühsam und gingen nur schleppend voran. Für das Archiv der von Steven Spielberg gegründeten USC Shoa Foundation hat Marga Forester 1997 in einem Video-Interview Zeugnis abgelegt.
Julius Levy wurde am 16. Januar 1892 in Niedermarsberg bei Brilon in Westfalen geboren. Er war der Sohn von Michael und Anna Levy, Er lebte in Ludwigshafen und Mannheim und ab 1937 in Berlin. Verheiratet war er mit Käte Levy geb. Brandt, am 8. September 1891 in Landsberg an der Warthe geboren. Ihre Eltern waren Max und Anna Brandt. Der Kreis Landsberg gehörte damals zur preußischen Provinz Brandenburg und heute zu Polen. Ihr Sohn Werner Levy kam am 6. Juli 1926 in Kamen (Westfalen) zur Welt.

Familie Levy war eine wohlhabende Familie und lebte bis Anfang 1936 in Ludwigshafen. Der Textilkaufmann Julius Levy war Geschäftsführer und Mitinhaber der Brandt GmbH, eines Textilkaufhauses mit einigen Filialen in anderen Städten. Die Firma wurde 1936 arisiert und in Klebs KG Klebs das Textilhaus umbenannt. 1953 lagen die alten Geschäftsbücher noch vor, die Levys Einkommen nachwiesen (Klebs ging 1963 in Liquidation). Am 1.2.1936 hörte Julius Levy in Ludwigshafen auf, die Familie zog 1937 nach Berlin und lebte dort von ihrem Vermögen. Im Zuge der Arisierung hatte Levy seine Anteile an der Firma – weit unter Wert – verkaufen müssen.

Seit 1937 wohnten die Levys in der Seesener Straße 50 in einer Drei-Zimmer-Wohnung im 3. Stock. Bis Ende Februar 1943 zahlten sie ihre 98 RM Miete. Ihr gediegenes Mobiliar, darunter Mahagonimöbel, Teppiche und Porzellan, eine Nähmaschine sowie eine Bibliothek mit 80 Büchern, zeugte von den besseren Zeiten, als Julius noch ein erfolgreicher Geschäftsmann sein durfte. Fahrräder, Tafelsilber, Edelmetalle, Pelze und Schmuck musste die Familie, wie alle Juden in Deutschland, schon seit 1939 abgeben. Käte Levy war Hausfrau. In Berlin ging Julius Levy keiner Arbeit nach. Er wurde deswegen vom Finanzamt Wilmersdorf Nord verdächtigt, die Ausreise bzw. Flucht vorzubereiten und musste neben der Judenvermögensabgabe von 4750 RM (Sühneleistung der Juden von 21. Nov. 1938) seine Wertpapiere bei der Deutschen Bank im Wert von 10.300 RM dem Deutschen Reich vertreten durch das Finanzamt Nord als Reichsfluchtsteuer als Sicherheit verpfänden. Das Finanzamt wurde von der Vermögensverwertungsstelle gebeten, darüber zu verfügen. Die Bank rechnet weiterhin ein gemeinsames Konto der Eheleute ab. Dass es keine Arbeit für Juden gab, zählte nicht. Julius Levys Beschwerde gegen die Arisierung seiner Firma wurde abgewiesen, er hätte ja verkauft, hieß das unverschämte Argument..

Die beiden Kinder der Levys, Marga und Werner, mussten in Berlin die jüdische Schule besuchen. Eine höhere Schule blieb ihnen jedoch verwehrt. Um ein Handwerk zu erlernen, wurde Tochter Marga zu Hutmachern in die Lehre geschickt, wo sie später etwas Geld verdienen konnte. Dieser Arbeit konnte das Mädchen nur unter ständig wachsenden Schwierigkeiten und am Ende im Verborgenen nachgehen, was sie – neben der Sorge um ihren Vater – sehr belastete.

In der Reichsprogromnacht am 9. November 1938 wurde Julius Levy wie viele andere jüdische Männer verhaftet und in das Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt, wo er bis zum 16. Dezember 1938 festgehalten wurde. Für die Familie ein traumatisches Erlebnis. Nach Berichten der überlebenden Tochter Marga suchte die Mutter vergeblich nach ihrem Mann. Die Polizei verweigerte ihr Auskunft. Als der Vater dann endlich nach Hause kam, sei er ein gebrochener Mann gewesen. Die Hände von harter Erdarbeit im Freien, dem Frost ungeschützt ausgesetzt, mit Erfrierungen schwer verletzt. Seelisch zerrüttet hätte er sehr lange gebraucht, um sich von dieser Erfahrung zu erholen. Er werde sich eher umbringen, bevor er noch einmal in ein Konzentrationslager gehe, soll Julius seiner Familie gesagt haben. Die Familie spielte offenbar mit dem Gedanken auszuwandern und hielt auch deshalb ihre Tochter an, ein Handwerk zu erlernen. Am Ende gelang es den Levys nur, die damals 15-Jährige noch auf einem der letzten Kindertransporte nach England unterzubringen, was dieser als einziger der Familie das Leben rettete.

Julius, Käte und Werner Levy lebten noch bis zum 24. Februar 1943 in der Seesener Straße. Alle drei mussten Zwangsarbeit leisten, bis sie verschleppt wurden. Julius Levy musste vom Mai 1940 bis zu seiner Deportation bei der Firma Philipps Electro Spezial, Große Frankfurter Straße 54, im Tiefbau arbeiten, Käte Levy bei der Firma Liening in Weißensee, Generalstraße. 8-9, und Werner Levy war bei der Firma Spinnstoff Zehlendorf AG beschäftigt

Die Levys stehen auf der Liste der von den NS-Behörden als 30. Osttransport gezählten Deportation nach Auschwitz. Sie wurden zuvor im Sammellager Große Hamburger Straße festgehalten, dort erreichte sie am 24.2.43 im Haus Berlin N4 die Zustellungsurkunde des Obergerichtsvollziehers, der dann über ihr Vermögen verfügte. Ihre Wohnung samt Einrichtung wurde von der Stadt beschlagnahmt und am 30.4.43 einem ausgebombten Berliner zugewiesen, der auch die Einrichtung der Levys für eine Summe weit unter ihrem Wert übernahm. Der Hausverwalter Walter Schauer beantragte Rückerstattung für März/April der entgangenen Mieten von 196 RM und bekam diese auch im September von der Vermögensverwertungstelle überwiesen.

Julius, Käte und Werner Levy sind am 26. Februar 1943 vom Bahnhof Grunewald mit 913 Menschen, darunter Else Blumenthal und Betty Valk, nach Auschwitz-Birkenau in Polen gebracht worden. Er war 51, sie war 52, Werner war 16 Jahre alt.

Marga Forester, geb. Levy, die am 30. Juli 1923 in Unna/Westfalen geboren wurde und Werners ältere Schwester war, ist am 14. Februar 2014 in Philadelphia/USA gestorben. Sie wurde 90 Jahre alt.

Mit einem kleinen Koffer und ein paar Familienfotos wurde das Mädchen von der Mutter zum Bahnhof gebracht. Sie konnte keinerlei Vermögenswerte ihrer einst wohlhabenden Eltern mitnehmen. Marga wurde von einer christlichen Familie auf dem Land aufgenommen, wo sie zwei Jahre lebte. Zu dieser Familie hielt sie bis an ihr Lebensende Kontakt. Während des Krieges arbeitete sie als Köchin für die englische Feuerwehr. Später arbeitete sie als Hutmacherin und Schneiderin. Sie heiratete ihren Schicksalsgenossen Frank Fernbach (später Forester) aus Gleiwitz/Pommern, der ebenfalls mit einem Kindertransport nach England gekommen war. Weil sie sich dort bessere Chancen erhofften, zogen die beiden später in die USA und starben dort Ende 2013 und Anfang 2014 im Alter von 88 bzw. 90 Jahren. Sie hinterließen eine Tochter, eine Enkelin und einen Urenkel.

Margas einzige Tochter, Carole Parker, hat uns die Fotos und die Biografie ihrer Mutter zur Verfügung gestellt. Marga Forester hatte ihre Lebensgeschichte für ihre Familie aufgeschrieben. Über die Zeit in Berlin schreibt sie darin leider sehr wenig. Von 1951 bis 1967 kämpfte Marga um Entschädigung bzw. um Wiedergutmachung von Verlusten. Das Problem: Für jede Person und für jeden Posten (Verlust an Vermögen, an beruflichem Fortkommen, Verlust an Freiheit oder Leben) mussten einzelne Anträge gestellt und Nachweise erbracht werden. Wie lange die Eltern und der Bruder im Lager überlebten, ist unbekannt. Unter anderem wegen der Masse an Anträgen und der vorrangigen Dringlichkeit älterer Antragsteller war das Amt überlastet. Die Verfahren waren mühsam und gingen nur schleppend voran. Für das Archiv der von Steven Spielberg gegründeten USC Shoa Foundation hat Marga Forester 1997 in einem Video-Interview Zeugnis abgelegt.