Werner Petzal

Verlegeort
Tile-Wardenberg-Straße 13
Historischer Name
Tile-Wardenberg-Straße 13
Bezirk/Ortsteil
Moabit
Verlegedatum
09. September 2022
Geboren
05. November 1906 in Berlin
Beruf
Rechtsanwalt
Flucht
1934 Spanien 1936 Niederlande
Interniert
29. Januar 1942 bis 26. Februar 1944 in Westerbork
Deportation
am 26. Februar 1944 nach Theresienstadt
Später deportiert
am 16. Oktober 1944 nach Auschwitz
Ermordet
27. Januar 1945 in Auschwitz

Werner Petzal wurde am 11. November 1906 in Berlin geboren. Er besuchte die Kirschner-Oberrealschule nebst Realgymnasium in Berlin. Die Petzals waren eher eine konventionell-traditionelle als eine religiöse Familie. Dennoch wurden beide Söhne in der liberalen Fasanenstraßen-Synagoge zur Barmitzwa geweiht und besuchten die Religionsschule der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Bochumer Straße 8. Anschließend studierte Werner Jura und wurde Anwalt für Menschenrechte.

Er war ein lebhafter und geselliger junger Mann, der gerne reiste und in Amateurtheatern auftrat, wie auf vielen Fotos zu sehen ist. Es gibt Belege dafür, dass Werner 1934 nach Spanien ging und auch 1936 noch dort war, um auf republikanischer Seite am Bürgerkrieg teilzunehmen. Zudem versuchte er, einen sicheren Ort außerhalb Deutschlands zu finden und beantragte Pässe für Mexiko und China.

1937 ging Werner in die Niederlande, um sich und seine Familie vor dem Zugriff der Nationalsozialisten zu retten. Dabei wurde er von seiner Mutter und seiner Frau Fanni Betty Oppenheimer begleitet. Ihr Sohn Bernard Wolfgang Petzal wurde 1942 in Hilversum in den Niederlanden geboren, wo sie bis 1942 lebten, zunächst an der Küste und dann bei der niederländischen Familie Hummeling in der Pieter den Hoogh Straat 5. Im Februar 1942 wurde die Familie an die Gestapo verraten, verhaftet und in das Lager Westerbork im Norden der Niederlande gebracht.

Westerbork ist vor allem als das Durchgangslager bekannt, in das Anne Frank und ihre Familie vor ihrer Deportation nach Auschwitz gebracht wurden. Das Lager Westerbork hatte ein „Doppelleben“. Während die meisten Häftlinge nur für kurze Zeit blieben, bevor sie deportiert wurden, gab es auch eine dauerhafte Lagerbesatzung von etwa 2.000 Menschen, meist deutsche Juden, jüdische Ratsmitglieder, Lagerangestellte und andere, die alle vorübergehend von der Deportation ausgenommen waren. Es gab Kurse, Sportmöglichkeiten, einen Kindergarten und eine Schule. Am Dienstagabend fanden in der Registrierungsbaracke Revuen, Konzerte und Theaterstücke statt.

Werner und seine Familie gehörten offenbar zu dieser Kategorie. In ihren Tagebüchern beschrieb Etty Hillesum, dass „Dr. Werner Petzal ab Juli 1942 das sogenannte ‚Antragszentrum‘ leitete, das Neuankömmlingen Informationen über die Möglichkeiten eines Aufschubs des Transports an einen anderen Ort gab“. Werner taucht auch in einem Buch mit Zeichnungen des Lagers von Leo Kok auf.

In Westerbork gab es ein Krankenhaus mit guter medizinischer Versorgung. Hier brachte Fanni am 10. August 1943 die Zwillinge Robert und Elisabeth zur Welt. Viele Inhaftierte waren Chirurgen, Ärzte oder Zahnärzte, und eine Stelle im Krankenhaus war so begehrt (und verzögerte die Deportation), dass hoch qualifiziertes Personal ausgewählt werden konnte. Das Krankenhaus verfügte zeitweise über 1.725 Betten, 120 Ärzte und 1.000 Mitarbeiterinnen.

Ab Oktober 1942 lag die Organisation des Lagers Westerbork in den Händen von SS-Obersturmführer Gemmeker. Gemmeker, der nach außen hin ruhig, höflich und korrekt auftrat, verstand es, die Pläne der Nazis fehlerfrei umzusetzen. Sein wichtigstes Anliegen war es, die Quote der wöchentlich deportierten Juden zu erfüllen. Eine jüdische Polizeieinheit sorgte im Lager für Ordnung und half bei der Abfertigung der Transporte.

Von Westerbork aus fuhren von Juli 1942 bis zum 3. September 1944 93 Züge in Richtung der osteuropäischen Konzentrations- und Vernichtungslager, die 97.776 Juden in den fast sicheren Tod deportierten.

Am Ende wurden auch die meisten der ständigen Insassen deportiert und ermordet. Werner, seine Mutter Selma, seine Frau Fanni und die drei Kinder wurden am 25. Februar 1944 nach Theresienstadt verschleppt.

Werner ist als Mitglied der sogenannten „Universität über dem Abgrund“ in Theresienstadt – einer dort von den Inhaftierten selbstorganisierten Bildungseinrichtung – aufgeführt. Er wurde am 16. Oktober 1944 von dort deportiert und starb am 27. Januar 1945 in Fürstengrube, einem Außenlager des KZ Auschwitz, als dort die SS ein Massaker unter den nicht mehr marschfähigen Gefangenen anrichtete.

Meinem Vater wurde erzählt, dass die Deutschen beim Rückzug aus dem Lager angesichts der vorrückenden Russen Granaten warfen. Die Granate, die seinen Bruder Werner tötete, riss dem Mann, der ihm später diese Geschichte erzählte, die Finger ab. Von den noch im KZ Fürstengrube anwesenden etwa 250 marschunfähigen Kranken überlebten nur 14 das Massaker der SS.