Fanny Elkan geb. Loebell

Verlegeort
Wielandstr. 30
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
03. April 2009
Geboren
04. Juni 1877 in Berlin
Flucht in den Tod
09. Januar 1940 in Berlin

Fanny Elkans Mädchenname wurde in mehreren Gedenkbüchern fälschlich – vermutlich aufgrund eines Lesefehlers der deutschen Schrift – als „Soebell“ angegeben. Fanny war jedoch die Tochter des Kaufmannes Siegmund Loebell und seiner Frau Anna geb. Braß. Sie wurde am 4. Juni 1877 in Berlin geboren. Zu diesem Zeitpunkt wohnten die Eltern in der Burgstraße 5 und Siegmund Loebell war Inhaber der Wollwarenfirma Ruhemann & Loebell, spezialisiert auf Damen-Mäntelstoffe, am Hausvogteiplatz 7. Später bezeichnete er sich nur noch als Agent für Wollwaren oder Tuche. Die Familie – wir wissen nicht, wie viele Geschwister Fanny noch hatte – zog mehrmals um, als Fanny 13 Jahre alt war, in das Hansaviertel, Lessingstraße 37. 1898 starb der Vater, das Geschäft wurde von Alfred Loebell übernommen, einem Bruder Fannys, der noch lange mit der Mutter zusammen wohnte. Fanny war 21 Jahre alt, als ihr Vater starb, vielleicht war sie da schon verlobt oder verheiratet mit dem vier Jahre älteren Edmund Elkan. Auch Edmunds Vater Wolff Elkan war im Wollwarengeschäft tätig, Fanny und Edmund mögen sich über Geschäftsbeziehungen ihrer Väter kennen gelernt haben. Mit einer eigenen Wohnung ist Edmund erst 1906 im Adressbuch verzeichnet, vielleicht musste das Paar so lange warten, bis sie heiraten konnten.<br />
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Edmund betrieb ebenfalls eine Agentur für Textilfabriken, und zwar in der Rosenheimer Straße 15, 1913 zogen Elkans in die Aschaffenburger Straße 23 um. Fanny und Edmund hatten mindestens zwei Kinder, Lilli und Wolfgang, nach einer Quelle gab es noch Peter, vielleicht ein weiterer Sohn, vielleicht nur ein zweiter Name von Wolfgang. Berufsmäßig scheint es Edmund gut gegangen zu sein, er arbeitete – vielleicht unter anderem – für die „Deutsche Wollwaren Manufaktur in Grünberg (Schlesien)“, für die er 1916 Generalprokura erhielt. Ab 1918 ließ er sich im Adressbuch als Fabrikdirektor eintragen, möglicherweise aufgrund seiner Stellung bei der Deutschen Wollwaren Manufaktur. Zum 25. Unternehmensjubiläum erhielt Edmund Elkan laut seiner Tochter ein silbernes Kaffeeservice als Geschenk von der Firma. <br />
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1918 zogen Elkans wieder um, in eine vermutlich gediegenere Wohnung in der Sächsischen Straße 2. Hier sind sie über 15 Jahre geblieben. 1936/37 – Edmund war nun über 64, Fanny 60 – wohnten sie in der Badenschen Straße 13, Edmund war jetzt „Direktor i.R.“, vielleicht nicht ganz freiwillig. Denn mittlerweile war das Leben für einen jüdischen Kaufmann in Deutschland schwer geworden. Zahlreiche antisemitische Verordnungen zielten darauf, Juden aus dem Wirtschaftsleben zu verbannen, später überhaupt aus dem öffentlichen Leben. Edmund und Fanny Elkan verließen Berlin. Denkbar ist, dass sie auswandern wollten, aus heute nicht mehr rekonstruierbaren Gründen reisten sie zunächst nach Mannheim. Dort waren sie vom 9. Juni 1938 bis 1. August des gleichen Jahres registriert. Sie meldeten sich nach Heidelberg ab, dort verliert sich ihre Spur jedoch. Sie findet sich erst wieder zum Zeitpunkt der Volkszählung von 17. Mai 1939, bei der Juden in speziellen „Ergänzungskarten“ erfasst wurden. Fanny war jetzt wieder in Berlin, offenbar ohne Edmund, in der Wielandstraße 30. Wir können nur spekulieren, was sie wieder nach Berlin führte. War eine geplante Ausreise gescheitert? War Edmund gestorben? Verhaftet? Oder konnte vielleicht nur er emigrieren? <br />
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Die Lebensbedingungen für Juden hatten sich inzwischen rasant verschlechtert. Fanny wohnte - sicher beengt - zur Untermiete, sie durfte als Jüdin nicht ins Theater, Kino oder Konzert, nicht ins Hallenbad; bestimmte Bezirke, Straßen und Plätze durften Juden gar nicht mehr betreten, sie mussten alle Wertgegenstände - Schmuck, Silberbesteck, usw. - an die öffentlichen Ankaufstellen abliefern, die nur den Materialpreis minus 10% ersetzten und auch das bekamen Juden oft nur zum Teil ausgezahlt. Fanny lieferte ihre Wertsachen bei der Pfandleihanstalt in der Jägerstraße ab. Ab September 1939 mussten auch alle Rundfunkgeräte abgegeben werden, abends durften Juden überhaupt nicht mehr auf die Straße. Es folgten noch zahlreiche weitere Einschränkungen und Schikanen bis hin zu Deportation und Ermordung. Fanny Elkan wird sie nicht mehr erleben, am 9. Januar 1940 nahm sie sich das Leben. Dafür ging sie noch ein mal einen weiten Weg: sie wurde in dem Wald hinter dem Wasserwerk in Friedrichshagen gefunden. Bestattet ist sie auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee, ihr Grabstein ist noch vorhanden.<br />
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Fannys Kinder Wolfgang Elkan und Lilli Wilde geb. Elkan konnten rechtzeitig nach Argentinien fliehen, Wolfgang zog später weiter nach Brasilien.<br />
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Fanny Elkans Mädchenname wurde in mehreren Gedenkbüchern fälschlich – vermutlich aufgrund eines Lesefehlers der deutschen Schrift – als „Soebell“ angegeben. Fanny war jedoch die Tochter des Kaufmannes Siegmund Loebell und seiner Frau Anna geb. Braß. Sie wurde am 4. Juni 1877 in Berlin geboren. Zu diesem Zeitpunkt wohnten die Eltern in der Burgstraße 5 und Siegmund Loebell war Inhaber der Wollwarenfirma Ruhemann & Loebell, spezialisiert auf Damen-Mäntelstoffe, am Hausvogteiplatz 7. Später bezeichnete er sich nur noch als Agent für Wollwaren oder Tuche. Die Familie – wir wissen nicht, wie viele Geschwister Fanny noch hatte – zog mehrmals um, als Fanny 13 Jahre alt war, in das Hansaviertel, Lessingstraße 37. 1898 starb der Vater, das Geschäft wurde von Alfred Loebell übernommen, einem Bruder Fannys, der noch lange mit der Mutter zusammen wohnte. Fanny war 21 Jahre alt, als ihr Vater starb, vielleicht war sie da schon verlobt oder verheiratet mit dem vier Jahre älteren Edmund Elkan. Auch Edmunds Vater Wolff Elkan war im Wollwarengeschäft tätig, Fanny und Edmund mögen sich über Geschäftsbeziehungen ihrer Väter kennen gelernt haben. Mit einer eigenen Wohnung ist Edmund erst 1906 im Adressbuch verzeichnet, vielleicht musste das Paar so lange warten, bis sie heiraten konnten.

Edmund betrieb ebenfalls eine Agentur für Textilfabriken, und zwar in der Rosenheimer Straße 15, 1913 zogen Elkans in die Aschaffenburger Straße 23 um. Fanny und Edmund hatten mindestens zwei Kinder, Lilli und Wolfgang, nach einer Quelle gab es noch Peter, vielleicht ein weiterer Sohn, vielleicht nur ein zweiter Name von Wolfgang. Berufsmäßig scheint es Edmund gut gegangen zu sein, er arbeitete – vielleicht unter anderem – für die „Deutsche Wollwaren Manufaktur in Grünberg (Schlesien)“, für die er 1916 Generalprokura erhielt. Ab 1918 ließ er sich im Adressbuch als Fabrikdirektor eintragen, möglicherweise aufgrund seiner Stellung bei der Deutschen Wollwaren Manufaktur. Zum 25. Unternehmensjubiläum erhielt Edmund Elkan laut seiner Tochter ein silbernes Kaffeeservice als Geschenk von der Firma.

1918 zogen Elkans wieder um, in eine vermutlich gediegenere Wohnung in der Sächsischen Straße 2. Hier sind sie über 15 Jahre geblieben. 1936/37 – Edmund war nun über 64, Fanny 60 – wohnten sie in der Badenschen Straße 13, Edmund war jetzt „Direktor i.R.“, vielleicht nicht ganz freiwillig. Denn mittlerweile war das Leben für einen jüdischen Kaufmann in Deutschland schwer geworden. Zahlreiche antisemitische Verordnungen zielten darauf, Juden aus dem Wirtschaftsleben zu verbannen, später überhaupt aus dem öffentlichen Leben. Edmund und Fanny Elkan verließen Berlin. Denkbar ist, dass sie auswandern wollten, aus heute nicht mehr rekonstruierbaren Gründen reisten sie zunächst nach Mannheim. Dort waren sie vom 9. Juni 1938 bis 1. August des gleichen Jahres registriert. Sie meldeten sich nach Heidelberg ab, dort verliert sich ihre Spur jedoch. Sie findet sich erst wieder zum Zeitpunkt der Volkszählung von 17. Mai 1939, bei der Juden in speziellen „Ergänzungskarten“ erfasst wurden. Fanny war jetzt wieder in Berlin, offenbar ohne Edmund, in der Wielandstraße 30. Wir können nur spekulieren, was sie wieder nach Berlin führte. War eine geplante Ausreise gescheitert? War Edmund gestorben? Verhaftet? Oder konnte vielleicht nur er emigrieren?

Die Lebensbedingungen für Juden hatten sich inzwischen rasant verschlechtert. Fanny wohnte - sicher beengt - zur Untermiete, sie durfte als Jüdin nicht ins Theater, Kino oder Konzert, nicht ins Hallenbad; bestimmte Bezirke, Straßen und Plätze durften Juden gar nicht mehr betreten, sie mussten alle Wertgegenstände - Schmuck, Silberbesteck, usw. - an die öffentlichen Ankaufstellen abliefern, die nur den Materialpreis minus 10% ersetzten und auch das bekamen Juden oft nur zum Teil ausgezahlt. Fanny lieferte ihre Wertsachen bei der Pfandleihanstalt in der Jägerstraße ab. Ab September 1939 mussten auch alle Rundfunkgeräte abgegeben werden, abends durften Juden überhaupt nicht mehr auf die Straße. Es folgten noch zahlreiche weitere Einschränkungen und Schikanen bis hin zu Deportation und Ermordung. Fanny Elkan wird sie nicht mehr erleben, am 9. Januar 1940 nahm sie sich das Leben. Dafür ging sie noch ein mal einen weiten Weg: sie wurde in dem Wald hinter dem Wasserwerk in Friedrichshagen gefunden. Bestattet ist sie auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee, ihr Grabstein ist noch vorhanden.

Fannys Kinder Wolfgang Elkan und Lilli Wilde geb. Elkan konnten rechtzeitig nach Argentinien fliehen, Wolfgang zog später weiter nach Brasilien.