Location
Giesebrechtstr. 18
District
Charlottenburg
Stone was laid
22 September 2010
Born
29 October 1876 in Hammerstein
Deportation
on 09 July 1942
to
Theresienstadt
Later deported
on 19 September 1942
to
Treblinka
Dead
September 1942 in Treblinka
Am 29. Oktober 1876 kam Lydia Neustein in Hammerstein/Westpreußen (poln. Czarne) zur Welt. Ihr Vater, der Kaufmann Georg Neustein, war ein angesehener Bürger von Hammerstein, zeitweise Stadtverordneter und Magistratsmitglied. Seine Frau Franziska geb. Beer brachte noch vier weitere Kinder zur Welt: Gustav 1880, Max 1882, Lina Lotte 1889 und Else, wahrscheinlich um 1884 geboren.
Lydia wuchs in Hammerstein auf und blieb auch im Elternhaus, als schon alle anderen Geschwister verheiratet und weggezogen waren. Laut ihrer Schwester Lina Lotte war sie körperbehindert und kränklich und wahrscheinlich war das auch einer der Gründe dafür, dass sie ledig blieb. Als die Eltern relativ kurz hintereinander um 1934 starben, verkaufte sie das Elternhaus in der Mühlenstraße, um dann nach Berlin zu ziehen. Die Geschwister machten ihr den Erlös des Hauses nicht strittig, laut Gustav war sie sowieso die Alleinerbin, laut Lina Lotte hatten alle anderen bereits eine Aussteuer erhalten.
In Berlin wohnte auch Lydias Bruder Gustav. Max lebte in Düsseldorf, Lina Lotte in Schwedt mit ihrem Mann Julius Wahrburg und Else, inzwischen verheiratete Lorenz, in Dresden. Wir wissen nicht, ob Lydia gleich in die Giesebrechtstraße 18 zog oder zunächst anderswo zur Untermiete wohnte, denn sie ist nicht im Adressbuch verzeichnet. In der Giesebrechtstraße lebte sie laut Bruder Max „bei einer Familie“, die sie auch versorgte, laut Lina Lotte teilte sie sich die Wohnung mit „einer alten Dame, deren Mann Professor gewesen war“, jede hatte zwei Zimmer für sich und das Wohnzimmer wurde gemeinsam genutzt. Die „alte Dame“ war Franziska Harczyk. Die Unterlagen der Volkszählung 1939 - bei der Juden in einer Sonderkartei erfasst wurden - bestätigen, dass Lydia Neustein Untermieterin von Franziska Harczyk war.
Im Februar 1939 starb Max Beer, ein Onkel Lydias, kinderlos. Er vermachte sein beträchtliches Vermögen den Kindern seiner Schwester Franziska. Das Erbe wurde zwar zu gleichen Teilen aufgeteilt, aber keines der Geschwister konnte mehr darüber verfügen. Seit 12. November 1938 galt eine Verordnung, nach der jüdisches Vermögen eingefroren wurde und Juden nur noch Beträge für ein Existenzminimum von ihren Konten abheben durften. Auch Max, Gustav und Lina Lotte, die dabei waren auszuwandern, konnten kein Geld aus Deutschland mitnehmen.
Die oben genannte Verordnung folgte unmittelbar auf die Pogrome vom 9./10. November. Wurden schon davor Juden vielfach diskriminiert und im Berufs- und Alltagsleben eingeschränkt, so häuften sich nach der Pogromnacht die judenfeindlichen Verordnungen in rascher Folge. Eine Teilnahme am öffentlichen Leben wurde Juden stückweise verwehrt, sie durften zuletzt zu bestimmten Zeiten nicht mal mehr auf die Straße gehen, zu anderen nur mit Judenstern. Ihren Höhepunkt fand die Judenverfolgung mit der Deportation und Vernichtung. In Berlin begannen die Deportationen im Oktober 1941.
Lydia Neustein wurde vorgesehen für einen „Transport“ in das Ghetto Warschau am 2. April 1942. Vielleicht war sie schon in ein Sammellager eingewiesen worden, aber aus uns unbekannten Gründen wurde sie zurückgestellt und ihr Name - zusammen mit 15 weiteren - auf der bereits feststehenden Deportationsliste durchgestrichen. Ihr war aber nur ein Aufschub von wenigen Monaten gegönnt. Anfang Juli 1942 kam sie, vielleicht zum 2. Mal, in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 und am 9. Juli wurde sie nach Theresienstadt deportiert. Ihr Vermögen wurde zugunsten des Deutschen Reiches „eingezogen“.
Das Lager in Theresienstadt, offiziell „Altersghetto“ genannt, war völlig überfüllt, es herrschten Nahrungsmangel, Krankheiten und Seuchen, die nur wenige Insassen überlebten. Aber nicht einmal diese Chance hatte Lydia Neustein: Nach gut zwei Monaten, am 19. September, wurde sie in das Vernichtungslager Treblinka weiterverschleppt und dort vermutlich auf Ankunft umgebracht.
Lydias Bruder Max floh nach Glasgow und gründete dort mit seiner Frau Elfriede (Frieda) eine Textilmanufaktur. Er starb 1956. Gustav, der Architekt war und sich in Berlin auf Bau und Ausstattung von Kinos spezialisiert hatte, flüchtete im April 1939 über Kuba in die USA, wo er bis zu seinem Tod 1963 lebte. Lina Lotte wurden in Schwedt in Abwesenheit ihres Mannes in der Pogromnacht von SA und SS bedroht und misshandelt, anschließend von ihrem Vermieter fristlos gekündigt. Sie floh zunächst nach Berlin zu ihrer Schwester Lydia in die Giesebrechtstraße. Im Juli 1939 konnte sie dann mit ihrem Mann ebenfalls nach Glasgow auswandern und wurde Vorarbeiterin in dem Betrieb von Max und Frieda. Lydias Schwester Else nahm sich in Dresden wenige Monate vor Kriegsende das Leben, aus Angst vor einer drohenden Verhaftung durch die Gestapo.
Lydia wuchs in Hammerstein auf und blieb auch im Elternhaus, als schon alle anderen Geschwister verheiratet und weggezogen waren. Laut ihrer Schwester Lina Lotte war sie körperbehindert und kränklich und wahrscheinlich war das auch einer der Gründe dafür, dass sie ledig blieb. Als die Eltern relativ kurz hintereinander um 1934 starben, verkaufte sie das Elternhaus in der Mühlenstraße, um dann nach Berlin zu ziehen. Die Geschwister machten ihr den Erlös des Hauses nicht strittig, laut Gustav war sie sowieso die Alleinerbin, laut Lina Lotte hatten alle anderen bereits eine Aussteuer erhalten.
In Berlin wohnte auch Lydias Bruder Gustav. Max lebte in Düsseldorf, Lina Lotte in Schwedt mit ihrem Mann Julius Wahrburg und Else, inzwischen verheiratete Lorenz, in Dresden. Wir wissen nicht, ob Lydia gleich in die Giesebrechtstraße 18 zog oder zunächst anderswo zur Untermiete wohnte, denn sie ist nicht im Adressbuch verzeichnet. In der Giesebrechtstraße lebte sie laut Bruder Max „bei einer Familie“, die sie auch versorgte, laut Lina Lotte teilte sie sich die Wohnung mit „einer alten Dame, deren Mann Professor gewesen war“, jede hatte zwei Zimmer für sich und das Wohnzimmer wurde gemeinsam genutzt. Die „alte Dame“ war Franziska Harczyk. Die Unterlagen der Volkszählung 1939 - bei der Juden in einer Sonderkartei erfasst wurden - bestätigen, dass Lydia Neustein Untermieterin von Franziska Harczyk war.
Im Februar 1939 starb Max Beer, ein Onkel Lydias, kinderlos. Er vermachte sein beträchtliches Vermögen den Kindern seiner Schwester Franziska. Das Erbe wurde zwar zu gleichen Teilen aufgeteilt, aber keines der Geschwister konnte mehr darüber verfügen. Seit 12. November 1938 galt eine Verordnung, nach der jüdisches Vermögen eingefroren wurde und Juden nur noch Beträge für ein Existenzminimum von ihren Konten abheben durften. Auch Max, Gustav und Lina Lotte, die dabei waren auszuwandern, konnten kein Geld aus Deutschland mitnehmen.
Die oben genannte Verordnung folgte unmittelbar auf die Pogrome vom 9./10. November. Wurden schon davor Juden vielfach diskriminiert und im Berufs- und Alltagsleben eingeschränkt, so häuften sich nach der Pogromnacht die judenfeindlichen Verordnungen in rascher Folge. Eine Teilnahme am öffentlichen Leben wurde Juden stückweise verwehrt, sie durften zuletzt zu bestimmten Zeiten nicht mal mehr auf die Straße gehen, zu anderen nur mit Judenstern. Ihren Höhepunkt fand die Judenverfolgung mit der Deportation und Vernichtung. In Berlin begannen die Deportationen im Oktober 1941.
Lydia Neustein wurde vorgesehen für einen „Transport“ in das Ghetto Warschau am 2. April 1942. Vielleicht war sie schon in ein Sammellager eingewiesen worden, aber aus uns unbekannten Gründen wurde sie zurückgestellt und ihr Name - zusammen mit 15 weiteren - auf der bereits feststehenden Deportationsliste durchgestrichen. Ihr war aber nur ein Aufschub von wenigen Monaten gegönnt. Anfang Juli 1942 kam sie, vielleicht zum 2. Mal, in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 und am 9. Juli wurde sie nach Theresienstadt deportiert. Ihr Vermögen wurde zugunsten des Deutschen Reiches „eingezogen“.
Das Lager in Theresienstadt, offiziell „Altersghetto“ genannt, war völlig überfüllt, es herrschten Nahrungsmangel, Krankheiten und Seuchen, die nur wenige Insassen überlebten. Aber nicht einmal diese Chance hatte Lydia Neustein: Nach gut zwei Monaten, am 19. September, wurde sie in das Vernichtungslager Treblinka weiterverschleppt und dort vermutlich auf Ankunft umgebracht.
Lydias Bruder Max floh nach Glasgow und gründete dort mit seiner Frau Elfriede (Frieda) eine Textilmanufaktur. Er starb 1956. Gustav, der Architekt war und sich in Berlin auf Bau und Ausstattung von Kinos spezialisiert hatte, flüchtete im April 1939 über Kuba in die USA, wo er bis zu seinem Tod 1963 lebte. Lina Lotte wurden in Schwedt in Abwesenheit ihres Mannes in der Pogromnacht von SA und SS bedroht und misshandelt, anschließend von ihrem Vermieter fristlos gekündigt. Sie floh zunächst nach Berlin zu ihrer Schwester Lydia in die Giesebrechtstraße. Im Juli 1939 konnte sie dann mit ihrem Mann ebenfalls nach Glasgow auswandern und wurde Vorarbeiterin in dem Betrieb von Max und Frieda. Lydias Schwester Else nahm sich in Dresden wenige Monate vor Kriegsende das Leben, aus Angst vor einer drohenden Verhaftung durch die Gestapo.
Am 29. Oktober 1876 kam Lydia Neustein in Hammerstein/Westpreußen (poln. Czarne) zur Welt. Ihr Vater, der Kaufmann Georg Neustein, war ein angesehener Bürger von Hammerstein, zeitweise Stadtverordneter und Magistratsmitglied. Seine Frau Franziska geb. Beer brachte noch vier weitere Kinder zur Welt: Gustav 1880, Max 1882, Lina Lotte 1889 und Else, wahrscheinlich um 1884 geboren.
Lydia wuchs in Hammerstein auf und blieb auch im Elternhaus, als schon alle anderen Geschwister verheiratet und weggezogen waren. Laut ihrer Schwester Lina Lotte war sie körperbehindert und kränklich und wahrscheinlich war das auch einer der Gründe dafür, dass sie ledig blieb. Als die Eltern relativ kurz hintereinander um 1934 starben, verkaufte sie das Elternhaus in der Mühlenstraße, um dann nach Berlin zu ziehen. Die Geschwister machten ihr den Erlös des Hauses nicht strittig, laut Gustav war sie sowieso die Alleinerbin, laut Lina Lotte hatten alle anderen bereits eine Aussteuer erhalten.
In Berlin wohnte auch Lydias Bruder Gustav. Max lebte in Düsseldorf, Lina Lotte in Schwedt mit ihrem Mann Julius Wahrburg und Else, inzwischen verheiratete Lorenz, in Dresden. Wir wissen nicht, ob Lydia gleich in die Giesebrechtstraße 18 zog oder zunächst anderswo zur Untermiete wohnte, denn sie ist nicht im Adressbuch verzeichnet. In der Giesebrechtstraße lebte sie laut Bruder Max „bei einer Familie“, die sie auch versorgte, laut Lina Lotte teilte sie sich die Wohnung mit „einer alten Dame, deren Mann Professor gewesen war“, jede hatte zwei Zimmer für sich und das Wohnzimmer wurde gemeinsam genutzt. Die „alte Dame“ war Franziska Harczyk. Die Unterlagen der Volkszählung 1939 - bei der Juden in einer Sonderkartei erfasst wurden - bestätigen, dass Lydia Neustein Untermieterin von Franziska Harczyk war.
Im Februar 1939 starb Max Beer, ein Onkel Lydias, kinderlos. Er vermachte sein beträchtliches Vermögen den Kindern seiner Schwester Franziska. Das Erbe wurde zwar zu gleichen Teilen aufgeteilt, aber keines der Geschwister konnte mehr darüber verfügen. Seit 12. November 1938 galt eine Verordnung, nach der jüdisches Vermögen eingefroren wurde und Juden nur noch Beträge für ein Existenzminimum von ihren Konten abheben durften. Auch Max, Gustav und Lina Lotte, die dabei waren auszuwandern, konnten kein Geld aus Deutschland mitnehmen.
Die oben genannte Verordnung folgte unmittelbar auf die Pogrome vom 9./10. November. Wurden schon davor Juden vielfach diskriminiert und im Berufs- und Alltagsleben eingeschränkt, so häuften sich nach der Pogromnacht die judenfeindlichen Verordnungen in rascher Folge. Eine Teilnahme am öffentlichen Leben wurde Juden stückweise verwehrt, sie durften zuletzt zu bestimmten Zeiten nicht mal mehr auf die Straße gehen, zu anderen nur mit Judenstern. Ihren Höhepunkt fand die Judenverfolgung mit der Deportation und Vernichtung. In Berlin begannen die Deportationen im Oktober 1941.
Lydia Neustein wurde vorgesehen für einen „Transport“ in das Ghetto Warschau am 2. April 1942. Vielleicht war sie schon in ein Sammellager eingewiesen worden, aber aus uns unbekannten Gründen wurde sie zurückgestellt und ihr Name - zusammen mit 15 weiteren - auf der bereits feststehenden Deportationsliste durchgestrichen. Ihr war aber nur ein Aufschub von wenigen Monaten gegönnt. Anfang Juli 1942 kam sie, vielleicht zum 2. Mal, in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 und am 9. Juli wurde sie nach Theresienstadt deportiert. Ihr Vermögen wurde zugunsten des Deutschen Reiches „eingezogen“.
Das Lager in Theresienstadt, offiziell „Altersghetto“ genannt, war völlig überfüllt, es herrschten Nahrungsmangel, Krankheiten und Seuchen, die nur wenige Insassen überlebten. Aber nicht einmal diese Chance hatte Lydia Neustein: Nach gut zwei Monaten, am 19. September, wurde sie in das Vernichtungslager Treblinka weiterverschleppt und dort vermutlich auf Ankunft umgebracht.
Lydias Bruder Max floh nach Glasgow und gründete dort mit seiner Frau Elfriede (Frieda) eine Textilmanufaktur. Er starb 1956. Gustav, der Architekt war und sich in Berlin auf Bau und Ausstattung von Kinos spezialisiert hatte, flüchtete im April 1939 über Kuba in die USA, wo er bis zu seinem Tod 1963 lebte. Lina Lotte wurden in Schwedt in Abwesenheit ihres Mannes in der Pogromnacht von SA und SS bedroht und misshandelt, anschließend von ihrem Vermieter fristlos gekündigt. Sie floh zunächst nach Berlin zu ihrer Schwester Lydia in die Giesebrechtstraße. Im Juli 1939 konnte sie dann mit ihrem Mann ebenfalls nach Glasgow auswandern und wurde Vorarbeiterin in dem Betrieb von Max und Frieda. Lydias Schwester Else nahm sich in Dresden wenige Monate vor Kriegsende das Leben, aus Angst vor einer drohenden Verhaftung durch die Gestapo.
Lydia wuchs in Hammerstein auf und blieb auch im Elternhaus, als schon alle anderen Geschwister verheiratet und weggezogen waren. Laut ihrer Schwester Lina Lotte war sie körperbehindert und kränklich und wahrscheinlich war das auch einer der Gründe dafür, dass sie ledig blieb. Als die Eltern relativ kurz hintereinander um 1934 starben, verkaufte sie das Elternhaus in der Mühlenstraße, um dann nach Berlin zu ziehen. Die Geschwister machten ihr den Erlös des Hauses nicht strittig, laut Gustav war sie sowieso die Alleinerbin, laut Lina Lotte hatten alle anderen bereits eine Aussteuer erhalten.
In Berlin wohnte auch Lydias Bruder Gustav. Max lebte in Düsseldorf, Lina Lotte in Schwedt mit ihrem Mann Julius Wahrburg und Else, inzwischen verheiratete Lorenz, in Dresden. Wir wissen nicht, ob Lydia gleich in die Giesebrechtstraße 18 zog oder zunächst anderswo zur Untermiete wohnte, denn sie ist nicht im Adressbuch verzeichnet. In der Giesebrechtstraße lebte sie laut Bruder Max „bei einer Familie“, die sie auch versorgte, laut Lina Lotte teilte sie sich die Wohnung mit „einer alten Dame, deren Mann Professor gewesen war“, jede hatte zwei Zimmer für sich und das Wohnzimmer wurde gemeinsam genutzt. Die „alte Dame“ war Franziska Harczyk. Die Unterlagen der Volkszählung 1939 - bei der Juden in einer Sonderkartei erfasst wurden - bestätigen, dass Lydia Neustein Untermieterin von Franziska Harczyk war.
Im Februar 1939 starb Max Beer, ein Onkel Lydias, kinderlos. Er vermachte sein beträchtliches Vermögen den Kindern seiner Schwester Franziska. Das Erbe wurde zwar zu gleichen Teilen aufgeteilt, aber keines der Geschwister konnte mehr darüber verfügen. Seit 12. November 1938 galt eine Verordnung, nach der jüdisches Vermögen eingefroren wurde und Juden nur noch Beträge für ein Existenzminimum von ihren Konten abheben durften. Auch Max, Gustav und Lina Lotte, die dabei waren auszuwandern, konnten kein Geld aus Deutschland mitnehmen.
Die oben genannte Verordnung folgte unmittelbar auf die Pogrome vom 9./10. November. Wurden schon davor Juden vielfach diskriminiert und im Berufs- und Alltagsleben eingeschränkt, so häuften sich nach der Pogromnacht die judenfeindlichen Verordnungen in rascher Folge. Eine Teilnahme am öffentlichen Leben wurde Juden stückweise verwehrt, sie durften zuletzt zu bestimmten Zeiten nicht mal mehr auf die Straße gehen, zu anderen nur mit Judenstern. Ihren Höhepunkt fand die Judenverfolgung mit der Deportation und Vernichtung. In Berlin begannen die Deportationen im Oktober 1941.
Lydia Neustein wurde vorgesehen für einen „Transport“ in das Ghetto Warschau am 2. April 1942. Vielleicht war sie schon in ein Sammellager eingewiesen worden, aber aus uns unbekannten Gründen wurde sie zurückgestellt und ihr Name - zusammen mit 15 weiteren - auf der bereits feststehenden Deportationsliste durchgestrichen. Ihr war aber nur ein Aufschub von wenigen Monaten gegönnt. Anfang Juli 1942 kam sie, vielleicht zum 2. Mal, in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 und am 9. Juli wurde sie nach Theresienstadt deportiert. Ihr Vermögen wurde zugunsten des Deutschen Reiches „eingezogen“.
Das Lager in Theresienstadt, offiziell „Altersghetto“ genannt, war völlig überfüllt, es herrschten Nahrungsmangel, Krankheiten und Seuchen, die nur wenige Insassen überlebten. Aber nicht einmal diese Chance hatte Lydia Neustein: Nach gut zwei Monaten, am 19. September, wurde sie in das Vernichtungslager Treblinka weiterverschleppt und dort vermutlich auf Ankunft umgebracht.
Lydias Bruder Max floh nach Glasgow und gründete dort mit seiner Frau Elfriede (Frieda) eine Textilmanufaktur. Er starb 1956. Gustav, der Architekt war und sich in Berlin auf Bau und Ausstattung von Kinos spezialisiert hatte, flüchtete im April 1939 über Kuba in die USA, wo er bis zu seinem Tod 1963 lebte. Lina Lotte wurden in Schwedt in Abwesenheit ihres Mannes in der Pogromnacht von SA und SS bedroht und misshandelt, anschließend von ihrem Vermieter fristlos gekündigt. Sie floh zunächst nach Berlin zu ihrer Schwester Lydia in die Giesebrechtstraße. Im Juli 1939 konnte sie dann mit ihrem Mann ebenfalls nach Glasgow auswandern und wurde Vorarbeiterin in dem Betrieb von Max und Frieda. Lydias Schwester Else nahm sich in Dresden wenige Monate vor Kriegsende das Leben, aus Angst vor einer drohenden Verhaftung durch die Gestapo.