Verlegeort
Unter den Linden 6
Bezirk/Ortsteil
Mitte
Verlegedatum
Juli 2010
Geboren
15. Oktober 1910 in Berlin
Beruf
Jurist
Deportation
am 06. September 1944
nach
Theresienstadt
Später deportiert
am 29. September 1944
nach
Auschwitz
Ermordet
28. Februar 1945 in Auschwitz
Ich, Heinrich Gabel, wurde am 15. Oktober 1910 in Berlin-Charlottenburg geboren. Mein Vater, der Rechtsanwalt Dr. Heinrich Gabel, war bereits kurz vor meiner Geburt gestorben. Ich wurde hier von meiner Mutter, die bei ihren Eltern lebte, erzogen und besuchte von 1917 - 1920 die Goethe-Schule und danach von 1920 - 1929 das humanistische Fichte-Gymnasium in Berlin-Wilmersdorf. Hier bestand ich im Jahre 1929 das Abiturientenexamen ,mit Auszeichnung'. Da das mir von meinem Vater hinterlassene bescheidene Vermögen durch die Inflation vernichtet worden war, verdiente ich mir während der letzten Schuljahre das Schulgeld durch Erteilung von Nachhilfeunterricht, um meine Mutter, die beruflich tätig war, zu entlasten. Seit dem Sommersemester 1929 studierte ich Rechtswissenschaften; ich studierte lediglich in Berlin, da ich mir auch das Geld zum Studium selbst verdienen musste und auswärts für mich keine Verdienstmöglichkeiten für mich bestanden hätten. Am Anfang dieses Jahres bestand ich das Referendarexamen mit ,gut'. Ich möchte jetzt versuchen den Doktorgrad zu erwerben. Ich versichere, dass ich mich noch niemals irgendwo zu diesem Examen gemeldet habe. Ich bitte deshalb darum, von der Fakultät zur Promotion zugelassen zu werden. (1)
Mit diesem handschriftlichen Schreiben ersuchte der 22-jährige Heinrich Gabel am 9. Juni 1933 an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, zur Doktorprüfung zugelassen zu werden. Obwohl Heinrich Gabel Jude war, hatte er dennoch sein Studium beenden können. Nur die Bewertung seiner Dissertation mit dem Titel Der Anteil der Miterben im Konkurs und die Doktorprüfung fehlten noch. Vom März 1934 ist ein weiteres Schreiben an die Universität überliefert. Heinrich Gabel bittet darin, dass er seine Dissertation kürzen darf, um Druckkosten zu sparen. Im Schreiben spiegeln sich die wirtschaftlichen Probleme seiner Familie wider:
Ich bitte nachträglich ergebenst, die Kürzungen zu genehmigen. Leider zwingen mich wirtschaftliche Gründe dazu, den Druck der Arbeit möglichst billig zu gestalten, da mein Vater tot ist, meine Mutter kürzlich ihre Stellung verloren hat und ich selbst nur eine kleine Volontärstellung habe, bei der ich kaum etwas verdiene. (2)
Heinrich Gabel widmete seine Dissertation seiner Mutter Charlotte Gabel (geb. Löwenstein), welche am 4. Januar 1890 in Berlin geboren wurde. Am 1. März 1943 wurde sie nach Auschwitz deportiert und gilt seitdem als verschollen. (3)
Über das Schicksal Heinrich Gabels in den folgenden Jahren wissen wir wenig. Am 25. August 1937 bekamen er und seine Frau Lucie Beate (geb. Mayer am 26. August 1912 in Berlin) einen Sohn, Gerhard Gabel.
Wir wissen nicht genau, warum sich die junge Familie mit einem Kleinkind zur Emigration entschloss. Wenn man die Schriftstücke aus der Promotionsakte betrachtet, dann waren wahrscheinlich auch wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend. Heinrich Gabel und seine Frau betraten mit ihrem nicht einmal zweijährigen Sohn am 13. Mai 1939 ein Passagierschiff in Hamburg, welches sie in das sichere Kuba bringen sollte. Das Schicksal dieses Schiffes und seiner Passagiere ging in die Geschichte als die Irrfahrt der St. Louis ein: Als die St. Louis am 27. Mai 1939 Havanna erreichte, durfte sie dort nicht am Hafenpier anlegen, denn der kubanische Präsident Bru hatte die Landeerlaubnisse der Flüchtlinge für ungültig erklärt und verbot die Abfertigung des Schiffes. Trotz tagelanger Verhandlungen und verzweifelter Bitten durften nur wenige Personen von Bord und die St. Louis musste am 2. Juni 1939 den Hafen wieder verlassen. Kapitän Gustav Schröder nahm Kurs auf Florida, denn er wollte heimlich in einer Nacht- und Nebel-Aktion zumindest einen Teil der Passagiere in Rettungsbooten an Land bringen. Doch die amerikanische Küstenwache stoppte das Vorhaben. Nachdem weitere Länder die Aufnahme der Passagiere der St. Louis abgelehnt hatten, mussten sie wieder in Richtung Europa umkehren. Erst im letzten Moment erklärten sich Frankreich, Belgien, die Niederlande und Großbritannien bereit, die 906 jüdischen Flüchtlinge aufzunehmen. Familie Gabel war unter den 181 Personen, denen von den Niederlanden Zuflucht gewährt wurde. (4) In den Niederlanden wurden sie gemeinsam mit anderen Passagieren in der Quarantänestation Heyplaat in Rotterdam untergebracht, welche mit Stacheldraht umzäunt und von Polizisten mit Schäferhunden bewacht wurde. (5)
Wie lange sich Familie Gabel nach dem Einmarsch Nazi-Deutschlands im Internierungslager Westerbork aufhielt, ist unklar. Am 6. September 1944 wurde Heinrich Gabel gemeinsam mit seiner Frau Beate und ihrem Sohn Gerhard aus Westerbork nach Theresienstadt und Heinrich Gabel von dort am 29. September 1944 weiter nach Auschwitz deportiert. (6) Beate und Gerhard Gabel wurden wenige Tage später am 4. Oktober 1944 ebenfalls von Theresienstadt nach Auschwitz deportiert. (7)
Transportliste vom 2. Oktober 1944 nach Golleschau mit dem Namen von Heinrich Gabel. Quelle: Archivbestände des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau in Oświęcim, K-Do Golleschau, S4G D – AuIII Golleschau Band 1, Blatt 103.
Die Familie hatte es geschafft, bis zu diesem Zeitpunkt all die Jahre zusammenzubleiben und alle Strapazen gemeinsam zu überstehen. Doch in Auschwitz verlieren sich die Spuren von Beate und Gerhard Gabel, wahrscheinlich wurden sie direkt nach der Ankunft in Auschwitz ermordet. Gerhard Gabel war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal sieben Jahre alt und hatte den größten Teil seines Lebens auf der Flucht oder in Lagern verbracht.
Nur Heinrich Gabel überstand vorerst die Selektion. Sein Name findet sich in einer Transportliste vom 2. Oktober 1944 mit weiteren 296 Juden, die für den Arbeitseinsatz bestimmt waren und von Auschwitz I ins Nebenlager Golleschau Auschwitz III überstellt wurden. In der Transportliste wird er mit der Häftlingsnummer B11177 geführt. Der 33-jährige Jurist wird dort als Hilfsarbeiter bezeichnet. (8) Sein Name soll in der Folge noch im Gefangenenkrankenhaus Auschwitz am 28. Oktober 1944 auftauchen. (9) Heinrich Gabel wurde wie seine Mutter, seine Frau und sein Sohn in Auschwitz ermordet, als Todesdatum wird der 28. Februar 1945 angegeben. (10)
Die Patenschaft für den Stolperstein wurde übernommen von der Fachschaft der Juristen Humboldt-Universität.
Mit diesem handschriftlichen Schreiben ersuchte der 22-jährige Heinrich Gabel am 9. Juni 1933 an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, zur Doktorprüfung zugelassen zu werden. Obwohl Heinrich Gabel Jude war, hatte er dennoch sein Studium beenden können. Nur die Bewertung seiner Dissertation mit dem Titel Der Anteil der Miterben im Konkurs und die Doktorprüfung fehlten noch. Vom März 1934 ist ein weiteres Schreiben an die Universität überliefert. Heinrich Gabel bittet darin, dass er seine Dissertation kürzen darf, um Druckkosten zu sparen. Im Schreiben spiegeln sich die wirtschaftlichen Probleme seiner Familie wider:
Ich bitte nachträglich ergebenst, die Kürzungen zu genehmigen. Leider zwingen mich wirtschaftliche Gründe dazu, den Druck der Arbeit möglichst billig zu gestalten, da mein Vater tot ist, meine Mutter kürzlich ihre Stellung verloren hat und ich selbst nur eine kleine Volontärstellung habe, bei der ich kaum etwas verdiene. (2)
Heinrich Gabel widmete seine Dissertation seiner Mutter Charlotte Gabel (geb. Löwenstein), welche am 4. Januar 1890 in Berlin geboren wurde. Am 1. März 1943 wurde sie nach Auschwitz deportiert und gilt seitdem als verschollen. (3)
Über das Schicksal Heinrich Gabels in den folgenden Jahren wissen wir wenig. Am 25. August 1937 bekamen er und seine Frau Lucie Beate (geb. Mayer am 26. August 1912 in Berlin) einen Sohn, Gerhard Gabel.
Wir wissen nicht genau, warum sich die junge Familie mit einem Kleinkind zur Emigration entschloss. Wenn man die Schriftstücke aus der Promotionsakte betrachtet, dann waren wahrscheinlich auch wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend. Heinrich Gabel und seine Frau betraten mit ihrem nicht einmal zweijährigen Sohn am 13. Mai 1939 ein Passagierschiff in Hamburg, welches sie in das sichere Kuba bringen sollte. Das Schicksal dieses Schiffes und seiner Passagiere ging in die Geschichte als die Irrfahrt der St. Louis ein: Als die St. Louis am 27. Mai 1939 Havanna erreichte, durfte sie dort nicht am Hafenpier anlegen, denn der kubanische Präsident Bru hatte die Landeerlaubnisse der Flüchtlinge für ungültig erklärt und verbot die Abfertigung des Schiffes. Trotz tagelanger Verhandlungen und verzweifelter Bitten durften nur wenige Personen von Bord und die St. Louis musste am 2. Juni 1939 den Hafen wieder verlassen. Kapitän Gustav Schröder nahm Kurs auf Florida, denn er wollte heimlich in einer Nacht- und Nebel-Aktion zumindest einen Teil der Passagiere in Rettungsbooten an Land bringen. Doch die amerikanische Küstenwache stoppte das Vorhaben. Nachdem weitere Länder die Aufnahme der Passagiere der St. Louis abgelehnt hatten, mussten sie wieder in Richtung Europa umkehren. Erst im letzten Moment erklärten sich Frankreich, Belgien, die Niederlande und Großbritannien bereit, die 906 jüdischen Flüchtlinge aufzunehmen. Familie Gabel war unter den 181 Personen, denen von den Niederlanden Zuflucht gewährt wurde. (4) In den Niederlanden wurden sie gemeinsam mit anderen Passagieren in der Quarantänestation Heyplaat in Rotterdam untergebracht, welche mit Stacheldraht umzäunt und von Polizisten mit Schäferhunden bewacht wurde. (5)
Wie lange sich Familie Gabel nach dem Einmarsch Nazi-Deutschlands im Internierungslager Westerbork aufhielt, ist unklar. Am 6. September 1944 wurde Heinrich Gabel gemeinsam mit seiner Frau Beate und ihrem Sohn Gerhard aus Westerbork nach Theresienstadt und Heinrich Gabel von dort am 29. September 1944 weiter nach Auschwitz deportiert. (6) Beate und Gerhard Gabel wurden wenige Tage später am 4. Oktober 1944 ebenfalls von Theresienstadt nach Auschwitz deportiert. (7)
Transportliste vom 2. Oktober 1944 nach Golleschau mit dem Namen von Heinrich Gabel. Quelle: Archivbestände des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau in Oświęcim, K-Do Golleschau, S4G D – AuIII Golleschau Band 1, Blatt 103.
Die Familie hatte es geschafft, bis zu diesem Zeitpunkt all die Jahre zusammenzubleiben und alle Strapazen gemeinsam zu überstehen. Doch in Auschwitz verlieren sich die Spuren von Beate und Gerhard Gabel, wahrscheinlich wurden sie direkt nach der Ankunft in Auschwitz ermordet. Gerhard Gabel war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal sieben Jahre alt und hatte den größten Teil seines Lebens auf der Flucht oder in Lagern verbracht.
Nur Heinrich Gabel überstand vorerst die Selektion. Sein Name findet sich in einer Transportliste vom 2. Oktober 1944 mit weiteren 296 Juden, die für den Arbeitseinsatz bestimmt waren und von Auschwitz I ins Nebenlager Golleschau Auschwitz III überstellt wurden. In der Transportliste wird er mit der Häftlingsnummer B11177 geführt. Der 33-jährige Jurist wird dort als Hilfsarbeiter bezeichnet. (8) Sein Name soll in der Folge noch im Gefangenenkrankenhaus Auschwitz am 28. Oktober 1944 auftauchen. (9) Heinrich Gabel wurde wie seine Mutter, seine Frau und sein Sohn in Auschwitz ermordet, als Todesdatum wird der 28. Februar 1945 angegeben. (10)
Die Patenschaft für den Stolperstein wurde übernommen von der Fachschaft der Juristen Humboldt-Universität.
Ich, Heinrich Gabel, wurde am 15. Oktober 1910 in Berlin-Charlottenburg geboren. Mein Vater, der Rechtsanwalt Dr. Heinrich Gabel, war bereits kurz vor meiner Geburt gestorben. Ich wurde hier von meiner Mutter, die bei ihren Eltern lebte, erzogen und besuchte von 1917 - 1920 die Goethe-Schule und danach von 1920 - 1929 das humanistische Fichte-Gymnasium in Berlin-Wilmersdorf. Hier bestand ich im Jahre 1929 das Abiturientenexamen ,mit Auszeichnung'. Da das mir von meinem Vater hinterlassene bescheidene Vermögen durch die Inflation vernichtet worden war, verdiente ich mir während der letzten Schuljahre das Schulgeld durch Erteilung von Nachhilfeunterricht, um meine Mutter, die beruflich tätig war, zu entlasten. Seit dem Sommersemester 1929 studierte ich Rechtswissenschaften; ich studierte lediglich in Berlin, da ich mir auch das Geld zum Studium selbst verdienen musste und auswärts für mich keine Verdienstmöglichkeiten für mich bestanden hätten. Am Anfang dieses Jahres bestand ich das Referendarexamen mit ,gut'. Ich möchte jetzt versuchen den Doktorgrad zu erwerben. Ich versichere, dass ich mich noch niemals irgendwo zu diesem Examen gemeldet habe. Ich bitte deshalb darum, von der Fakultät zur Promotion zugelassen zu werden. (1)
Mit diesem handschriftlichen Schreiben ersuchte der 22-jährige Heinrich Gabel am 9. Juni 1933 an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, zur Doktorprüfung zugelassen zu werden. Obwohl Heinrich Gabel Jude war, hatte er dennoch sein Studium beenden können. Nur die Bewertung seiner Dissertation mit dem Titel Der Anteil der Miterben im Konkurs und die Doktorprüfung fehlten noch. Vom März 1934 ist ein weiteres Schreiben an die Universität überliefert. Heinrich Gabel bittet darin, dass er seine Dissertation kürzen darf, um Druckkosten zu sparen. Im Schreiben spiegeln sich die wirtschaftlichen Probleme seiner Familie wider:
Ich bitte nachträglich ergebenst, die Kürzungen zu genehmigen. Leider zwingen mich wirtschaftliche Gründe dazu, den Druck der Arbeit möglichst billig zu gestalten, da mein Vater tot ist, meine Mutter kürzlich ihre Stellung verloren hat und ich selbst nur eine kleine Volontärstellung habe, bei der ich kaum etwas verdiene. (2)
Heinrich Gabel widmete seine Dissertation seiner Mutter Charlotte Gabel (geb. Löwenstein), welche am 4. Januar 1890 in Berlin geboren wurde. Am 1. März 1943 wurde sie nach Auschwitz deportiert und gilt seitdem als verschollen. (3)
Über das Schicksal Heinrich Gabels in den folgenden Jahren wissen wir wenig. Am 25. August 1937 bekamen er und seine Frau Lucie Beate (geb. Mayer am 26. August 1912 in Berlin) einen Sohn, Gerhard Gabel.
Wir wissen nicht genau, warum sich die junge Familie mit einem Kleinkind zur Emigration entschloss. Wenn man die Schriftstücke aus der Promotionsakte betrachtet, dann waren wahrscheinlich auch wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend. Heinrich Gabel und seine Frau betraten mit ihrem nicht einmal zweijährigen Sohn am 13. Mai 1939 ein Passagierschiff in Hamburg, welches sie in das sichere Kuba bringen sollte. Das Schicksal dieses Schiffes und seiner Passagiere ging in die Geschichte als die Irrfahrt der St. Louis ein: Als die St. Louis am 27. Mai 1939 Havanna erreichte, durfte sie dort nicht am Hafenpier anlegen, denn der kubanische Präsident Bru hatte die Landeerlaubnisse der Flüchtlinge für ungültig erklärt und verbot die Abfertigung des Schiffes. Trotz tagelanger Verhandlungen und verzweifelter Bitten durften nur wenige Personen von Bord und die St. Louis musste am 2. Juni 1939 den Hafen wieder verlassen. Kapitän Gustav Schröder nahm Kurs auf Florida, denn er wollte heimlich in einer Nacht- und Nebel-Aktion zumindest einen Teil der Passagiere in Rettungsbooten an Land bringen. Doch die amerikanische Küstenwache stoppte das Vorhaben. Nachdem weitere Länder die Aufnahme der Passagiere der St. Louis abgelehnt hatten, mussten sie wieder in Richtung Europa umkehren. Erst im letzten Moment erklärten sich Frankreich, Belgien, die Niederlande und Großbritannien bereit, die 906 jüdischen Flüchtlinge aufzunehmen. Familie Gabel war unter den 181 Personen, denen von den Niederlanden Zuflucht gewährt wurde. (4) In den Niederlanden wurden sie gemeinsam mit anderen Passagieren in der Quarantänestation Heyplaat in Rotterdam untergebracht, welche mit Stacheldraht umzäunt und von Polizisten mit Schäferhunden bewacht wurde. (5)
Wie lange sich Familie Gabel nach dem Einmarsch Nazi-Deutschlands im Internierungslager Westerbork aufhielt, ist unklar. Am 6. September 1944 wurde Heinrich Gabel gemeinsam mit seiner Frau Beate und ihrem Sohn Gerhard aus Westerbork nach Theresienstadt und Heinrich Gabel von dort am 29. September 1944 weiter nach Auschwitz deportiert. (6) Beate und Gerhard Gabel wurden wenige Tage später am 4. Oktober 1944 ebenfalls von Theresienstadt nach Auschwitz deportiert. (7)
Transportliste vom 2. Oktober 1944 nach Golleschau mit dem Namen von Heinrich Gabel. Quelle: Archivbestände des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau in Oświęcim, K-Do Golleschau, S4G D – AuIII Golleschau Band 1, Blatt 103.
Die Familie hatte es geschafft, bis zu diesem Zeitpunkt all die Jahre zusammenzubleiben und alle Strapazen gemeinsam zu überstehen. Doch in Auschwitz verlieren sich die Spuren von Beate und Gerhard Gabel, wahrscheinlich wurden sie direkt nach der Ankunft in Auschwitz ermordet. Gerhard Gabel war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal sieben Jahre alt und hatte den größten Teil seines Lebens auf der Flucht oder in Lagern verbracht.
Nur Heinrich Gabel überstand vorerst die Selektion. Sein Name findet sich in einer Transportliste vom 2. Oktober 1944 mit weiteren 296 Juden, die für den Arbeitseinsatz bestimmt waren und von Auschwitz I ins Nebenlager Golleschau Auschwitz III überstellt wurden. In der Transportliste wird er mit der Häftlingsnummer B11177 geführt. Der 33-jährige Jurist wird dort als Hilfsarbeiter bezeichnet. (8) Sein Name soll in der Folge noch im Gefangenenkrankenhaus Auschwitz am 28. Oktober 1944 auftauchen. (9) Heinrich Gabel wurde wie seine Mutter, seine Frau und sein Sohn in Auschwitz ermordet, als Todesdatum wird der 28. Februar 1945 angegeben. (10)
Die Patenschaft für den Stolperstein wurde übernommen von der Fachschaft der Juristen Humboldt-Universität.
Mit diesem handschriftlichen Schreiben ersuchte der 22-jährige Heinrich Gabel am 9. Juni 1933 an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, zur Doktorprüfung zugelassen zu werden. Obwohl Heinrich Gabel Jude war, hatte er dennoch sein Studium beenden können. Nur die Bewertung seiner Dissertation mit dem Titel Der Anteil der Miterben im Konkurs und die Doktorprüfung fehlten noch. Vom März 1934 ist ein weiteres Schreiben an die Universität überliefert. Heinrich Gabel bittet darin, dass er seine Dissertation kürzen darf, um Druckkosten zu sparen. Im Schreiben spiegeln sich die wirtschaftlichen Probleme seiner Familie wider:
Ich bitte nachträglich ergebenst, die Kürzungen zu genehmigen. Leider zwingen mich wirtschaftliche Gründe dazu, den Druck der Arbeit möglichst billig zu gestalten, da mein Vater tot ist, meine Mutter kürzlich ihre Stellung verloren hat und ich selbst nur eine kleine Volontärstellung habe, bei der ich kaum etwas verdiene. (2)
Heinrich Gabel widmete seine Dissertation seiner Mutter Charlotte Gabel (geb. Löwenstein), welche am 4. Januar 1890 in Berlin geboren wurde. Am 1. März 1943 wurde sie nach Auschwitz deportiert und gilt seitdem als verschollen. (3)
Über das Schicksal Heinrich Gabels in den folgenden Jahren wissen wir wenig. Am 25. August 1937 bekamen er und seine Frau Lucie Beate (geb. Mayer am 26. August 1912 in Berlin) einen Sohn, Gerhard Gabel.
Wir wissen nicht genau, warum sich die junge Familie mit einem Kleinkind zur Emigration entschloss. Wenn man die Schriftstücke aus der Promotionsakte betrachtet, dann waren wahrscheinlich auch wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend. Heinrich Gabel und seine Frau betraten mit ihrem nicht einmal zweijährigen Sohn am 13. Mai 1939 ein Passagierschiff in Hamburg, welches sie in das sichere Kuba bringen sollte. Das Schicksal dieses Schiffes und seiner Passagiere ging in die Geschichte als die Irrfahrt der St. Louis ein: Als die St. Louis am 27. Mai 1939 Havanna erreichte, durfte sie dort nicht am Hafenpier anlegen, denn der kubanische Präsident Bru hatte die Landeerlaubnisse der Flüchtlinge für ungültig erklärt und verbot die Abfertigung des Schiffes. Trotz tagelanger Verhandlungen und verzweifelter Bitten durften nur wenige Personen von Bord und die St. Louis musste am 2. Juni 1939 den Hafen wieder verlassen. Kapitän Gustav Schröder nahm Kurs auf Florida, denn er wollte heimlich in einer Nacht- und Nebel-Aktion zumindest einen Teil der Passagiere in Rettungsbooten an Land bringen. Doch die amerikanische Küstenwache stoppte das Vorhaben. Nachdem weitere Länder die Aufnahme der Passagiere der St. Louis abgelehnt hatten, mussten sie wieder in Richtung Europa umkehren. Erst im letzten Moment erklärten sich Frankreich, Belgien, die Niederlande und Großbritannien bereit, die 906 jüdischen Flüchtlinge aufzunehmen. Familie Gabel war unter den 181 Personen, denen von den Niederlanden Zuflucht gewährt wurde. (4) In den Niederlanden wurden sie gemeinsam mit anderen Passagieren in der Quarantänestation Heyplaat in Rotterdam untergebracht, welche mit Stacheldraht umzäunt und von Polizisten mit Schäferhunden bewacht wurde. (5)
Wie lange sich Familie Gabel nach dem Einmarsch Nazi-Deutschlands im Internierungslager Westerbork aufhielt, ist unklar. Am 6. September 1944 wurde Heinrich Gabel gemeinsam mit seiner Frau Beate und ihrem Sohn Gerhard aus Westerbork nach Theresienstadt und Heinrich Gabel von dort am 29. September 1944 weiter nach Auschwitz deportiert. (6) Beate und Gerhard Gabel wurden wenige Tage später am 4. Oktober 1944 ebenfalls von Theresienstadt nach Auschwitz deportiert. (7)
Transportliste vom 2. Oktober 1944 nach Golleschau mit dem Namen von Heinrich Gabel. Quelle: Archivbestände des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau in Oświęcim, K-Do Golleschau, S4G D – AuIII Golleschau Band 1, Blatt 103.
Die Familie hatte es geschafft, bis zu diesem Zeitpunkt all die Jahre zusammenzubleiben und alle Strapazen gemeinsam zu überstehen. Doch in Auschwitz verlieren sich die Spuren von Beate und Gerhard Gabel, wahrscheinlich wurden sie direkt nach der Ankunft in Auschwitz ermordet. Gerhard Gabel war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal sieben Jahre alt und hatte den größten Teil seines Lebens auf der Flucht oder in Lagern verbracht.
Nur Heinrich Gabel überstand vorerst die Selektion. Sein Name findet sich in einer Transportliste vom 2. Oktober 1944 mit weiteren 296 Juden, die für den Arbeitseinsatz bestimmt waren und von Auschwitz I ins Nebenlager Golleschau Auschwitz III überstellt wurden. In der Transportliste wird er mit der Häftlingsnummer B11177 geführt. Der 33-jährige Jurist wird dort als Hilfsarbeiter bezeichnet. (8) Sein Name soll in der Folge noch im Gefangenenkrankenhaus Auschwitz am 28. Oktober 1944 auftauchen. (9) Heinrich Gabel wurde wie seine Mutter, seine Frau und sein Sohn in Auschwitz ermordet, als Todesdatum wird der 28. Februar 1945 angegeben. (10)
Die Patenschaft für den Stolperstein wurde übernommen von der Fachschaft der Juristen Humboldt-Universität.