Verlegeort
Unter den Linden 6
Bezirk/Ortsteil
Mitte
Verlegedatum
Juli 2010
Geboren
24. März 1912 in Berlin
Beruf
Mediziner
Flucht
Flucht nach Belgien
Verhaftet
10. Mai 1940 bis 15. Mai 1940
im
Internierungslager Saint Cyprien
Verhaftet
Mai 1940 bis Juni 1941
im
Internierungslager Gurs
Tot
24. Juni 1941 im Internierungslager Gurs
Ich, Herbert Katz, wurde am 24. III 1912 in Berlin geboren und bin deutscher Staatsangehörigkeit. Ich besuchte bis Frühjahr 1932 das Reformrealgymnasium zu Berlin-Niederschönhausen, wo ich mein Abiturientenexamen ablegte; außerdem besuchte ich in der gleichen Zeit die 15. jüdische Religionsschule in Berlin-Pankow. Zum Sommersemester 1932 wurde ich auf der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin als Medizinstudent immatrikuliert, wo ich mit 2 Unterbrechungen (durch ein Universitätsverfahren 1933/34, das zu meinen Gunsten eingestellt wurde, und den Tod meines Vaters im April 1936) bis zum 25. Mai 1938 studierte. (1)
So beginnt der Lebenslauf, den Herbert Franz Katz am 11. Juli 1938 an die Hebräische Universität in Jerusalem richtet und dort um Aufnahme ersucht. Zu diesem Zeitpunkt sah er für sich und seine Familie keine Zukunft mehr in Berlin.
In den Jahren 1935 und 1936 konnte er noch an der anatomischen Anstalt und dem physiologisch-chemischen Institut der Berliner Universität Übungen und Praktika machen. Das Abgangszeugnis der Universität datiert auf den 25. Mai 1938. (2) Ein Studienabschluss an der Friedrich-Wilhelms-Universität war ihm unmöglich.
Die Brüder von Herbert Katz waren 1938 bereits in Palästina im Exil. Seine Mutter war von einer Palästinareise wieder nach Berlin zurückgekehrt, da sie dort das Klima nicht vertrug und hoffte, es würde ihr in der Heimatstadt Berlin, wo sie nach dem Tod ihres Mannes ein großes Haus bewohnte, besser gehen. Herbert Katz wollte nicht alleine nach Israel emigrieren. An die Universität Jerusalem schreibt er weiter:
Am 8. III 1937 verheiratete ich mich mit der am 12. X 1909 in Huedin (Rumänien) geborenen Schneiderin Regina Hirsch. Bei einer Übersiedlung nach Erez Israel wäre meine Ehefrau dank ihrer beruflichen Fähigkeiten in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. (3)
Herbert Katz wurde am 1. September 1938 an der Universität in Jerusalem zugelassen. Auch seine Frau bekam eine Erlaubnis als Gasthörerin. (4) Allerdings kam es in der Folge zu Problemen bei der Erteilung der Einreisezertifikate für Palästina.
Über die folgende Zeit von Herbert Katz wissen wir hauptsächlich aus Gesprächen mit seinem Sohn Benjamin Katz. Dieser hat sehr viel zu seinem Vater geforscht und die Orte, an denen dieser sein Leben verbracht hatte, in den letzten Jahrzehnten aufgesucht. Benjamin Katz wiederum verdankt viele Informationen Gesprächen mit Heinz Schlesinger, einem Studienkollegen und guten Freund von Herbert Katz, der den Krieg im amerikanischen Exil überlebte.
Am 15. Januar 1939 flüchteten Herbert Katz und seine bereits schwangere Frau im Raum Aachen über die Grenze nach Belgien, indem sie einen Grenzbeamten bestachen. Die nächsten Monate verbrachten sie in Antwerpen, wo Herbert Katz seinen Lebensunterhalt durch das Erteilen von Französischunterricht verdiente. In Antwerpen wurde Benjamin, das einzige Kind des Ehepaares, am 14. Juni 1939 geboren. Herbert Katz versuchte zu diesem Zeitpunkt noch immer, nach Jerusalem auszuwandern:
Antwerpen, 13. VIII, 1939
Unterzeichneter bittet hierdurch höfl. um gefl. Verlängerung der ihm [...] erteilten Zulassung zur Hebräischen Universität Jerusalem, da die bisherigen Bemühungen zur Beschaffung der finanziellen Garantie noch nicht von Erfolg waren und die Regierung des Königreichs Belgien, in welchem ich mit meiner Frau vorübergehend Aufenthalt habe, auf dem Nachweis einer Auswanderungsmöglichkeit allergrößten Wert legt. [...] In der festen Hoffnung, dass Sie meiner Bitte freundl. entsprechen werden, danke ich Ihnen im voraus und zeichne mit vorzüglicher Hochachtung - Shalom - Herbert Katz. (5)
Am 29. September 1939 erfolgte die endgültige Ablehnung durch die Universität Jerusalem. (6)
Nach der Besetzung Belgiens durch deutsche Truppen im Jahre 1940 wurde Herbert Katz in einer gemeinsamen Aktion von belgischen und deutschen Behörden verhaftet und in das Internierungslager Gurs nach Südfrankreich deportiert. Von dort ist ein umfangreicher Briefverkehr erhalten, den Herbert Katz mit seiner Frau in Antwerpen und mit seinem Freund Heinz Schlesinger führte. Noch in Gurs hoffte Herbert Katz auf die Emigration nach Übersee. Am meisten aber fehlten ihm seine Frau und sein Sohn, so dass er sogar versuchte, sie zu überreden, zu ihm nach Gurs zu kommen.
Camp de Gurs, d. 30.XI. 40
Liebe Regi, lieber Benjamin
[...] Inzwischen wirst Du schon versucht haben, hierher zu kommen. Du musst dir klar sein, dass ihr höchstwahrscheinlich im Lager wohnen werdet und vorläufig, wenn nicht inzwischen eine Änderung eintritt. Gerade in diesen Tagen wird sehr viel von Amerika getan. [...]
Ich bin guten Mutes und habe Hoffnung auf die Zukunft. Jetzt sehe ich, was es bedeutet, Menschen zu haben, die man gern hat und für die man leben möchte, dann kommt man auch über schwere Situationen. Nach Regen kommt Sonneschein. - Ich weiß dass es für dich nicht leicht sein wird zu entscheiden, ob du herkommen sollst oder nicht.[...] Ich küsse Euch auf Eure 4 lieben Augen u. auch Oma u. sage Euch auf baldiges gesundes Wiedersehen. Euer Herbert (7)
Seine Frau machte sich tatsächlich mit ihrem Sohn auf den Weg nach Südfrankreich, aber als sie in Paris mehr über das Lager Gurs erfuhr, kehrte sie sofort wieder um und ging nach Brüssel. Dort verbrachten Regina und ihr kleiner Sohn die nächsten Jahre versteckt in einem Hinterhaus bei einem Friseur. Benjamin Katz erinnert sich bei unserem Gespräch im Frühjahr 2010 daran, dass die ganze Straße von ihrer Existenz gewusst und sie trotzdem niemand verraten hätte. Oftmals waren Wehrmachtsoldaten bei dem Friseur und spielten dort mit Benjamin Katz Murmeln, den sie für einen belgischen Jungen hielten und nicht als Juden erkannten.
Herbert Katz litt sehr unter der Trennung von seiner Familie und schrieb oft. Bis zum Schluss gab er die Hoffnung nicht auf, doch noch eine Auswanderungsmöglichkeit für sich und seine Familie zu finden. Doch er sah seinen Sohn und seine Frau nicht wieder, denn Herbert Katz erkrankte im Lager Gurs und starb dort am 24. Juni 1941.
Regina Katz und ihr Sohn Benjamin überlebten den Krieg in Belgien versteckt und gingen 1956 nach Westberlin, wo Benjamin Katz an der Hochschule der Künste studierte und 1963 die Galerie Werner & Katz gründete. (8)
Benjamin Katz ist heute einer der bedeutendsten Fotokünstler Deutschlands und lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in Köln. Das sehr persönliche Gespräch mit ihm im Frühjahr 2010 hat es uns ermöglicht, mehr über seinen Vater, den ehemaligen Medizinstudenten, zu erfahren. Dafür sind wir Benjamin Katz sehr dankbar. (9)
So beginnt der Lebenslauf, den Herbert Franz Katz am 11. Juli 1938 an die Hebräische Universität in Jerusalem richtet und dort um Aufnahme ersucht. Zu diesem Zeitpunkt sah er für sich und seine Familie keine Zukunft mehr in Berlin.
In den Jahren 1935 und 1936 konnte er noch an der anatomischen Anstalt und dem physiologisch-chemischen Institut der Berliner Universität Übungen und Praktika machen. Das Abgangszeugnis der Universität datiert auf den 25. Mai 1938. (2) Ein Studienabschluss an der Friedrich-Wilhelms-Universität war ihm unmöglich.
Die Brüder von Herbert Katz waren 1938 bereits in Palästina im Exil. Seine Mutter war von einer Palästinareise wieder nach Berlin zurückgekehrt, da sie dort das Klima nicht vertrug und hoffte, es würde ihr in der Heimatstadt Berlin, wo sie nach dem Tod ihres Mannes ein großes Haus bewohnte, besser gehen. Herbert Katz wollte nicht alleine nach Israel emigrieren. An die Universität Jerusalem schreibt er weiter:
Am 8. III 1937 verheiratete ich mich mit der am 12. X 1909 in Huedin (Rumänien) geborenen Schneiderin Regina Hirsch. Bei einer Übersiedlung nach Erez Israel wäre meine Ehefrau dank ihrer beruflichen Fähigkeiten in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. (3)
Herbert Katz wurde am 1. September 1938 an der Universität in Jerusalem zugelassen. Auch seine Frau bekam eine Erlaubnis als Gasthörerin. (4) Allerdings kam es in der Folge zu Problemen bei der Erteilung der Einreisezertifikate für Palästina.
Über die folgende Zeit von Herbert Katz wissen wir hauptsächlich aus Gesprächen mit seinem Sohn Benjamin Katz. Dieser hat sehr viel zu seinem Vater geforscht und die Orte, an denen dieser sein Leben verbracht hatte, in den letzten Jahrzehnten aufgesucht. Benjamin Katz wiederum verdankt viele Informationen Gesprächen mit Heinz Schlesinger, einem Studienkollegen und guten Freund von Herbert Katz, der den Krieg im amerikanischen Exil überlebte.
Am 15. Januar 1939 flüchteten Herbert Katz und seine bereits schwangere Frau im Raum Aachen über die Grenze nach Belgien, indem sie einen Grenzbeamten bestachen. Die nächsten Monate verbrachten sie in Antwerpen, wo Herbert Katz seinen Lebensunterhalt durch das Erteilen von Französischunterricht verdiente. In Antwerpen wurde Benjamin, das einzige Kind des Ehepaares, am 14. Juni 1939 geboren. Herbert Katz versuchte zu diesem Zeitpunkt noch immer, nach Jerusalem auszuwandern:
Antwerpen, 13. VIII, 1939
Unterzeichneter bittet hierdurch höfl. um gefl. Verlängerung der ihm [...] erteilten Zulassung zur Hebräischen Universität Jerusalem, da die bisherigen Bemühungen zur Beschaffung der finanziellen Garantie noch nicht von Erfolg waren und die Regierung des Königreichs Belgien, in welchem ich mit meiner Frau vorübergehend Aufenthalt habe, auf dem Nachweis einer Auswanderungsmöglichkeit allergrößten Wert legt. [...] In der festen Hoffnung, dass Sie meiner Bitte freundl. entsprechen werden, danke ich Ihnen im voraus und zeichne mit vorzüglicher Hochachtung - Shalom - Herbert Katz. (5)
Am 29. September 1939 erfolgte die endgültige Ablehnung durch die Universität Jerusalem. (6)
Nach der Besetzung Belgiens durch deutsche Truppen im Jahre 1940 wurde Herbert Katz in einer gemeinsamen Aktion von belgischen und deutschen Behörden verhaftet und in das Internierungslager Gurs nach Südfrankreich deportiert. Von dort ist ein umfangreicher Briefverkehr erhalten, den Herbert Katz mit seiner Frau in Antwerpen und mit seinem Freund Heinz Schlesinger führte. Noch in Gurs hoffte Herbert Katz auf die Emigration nach Übersee. Am meisten aber fehlten ihm seine Frau und sein Sohn, so dass er sogar versuchte, sie zu überreden, zu ihm nach Gurs zu kommen.
Camp de Gurs, d. 30.XI. 40
Liebe Regi, lieber Benjamin
[...] Inzwischen wirst Du schon versucht haben, hierher zu kommen. Du musst dir klar sein, dass ihr höchstwahrscheinlich im Lager wohnen werdet und vorläufig, wenn nicht inzwischen eine Änderung eintritt. Gerade in diesen Tagen wird sehr viel von Amerika getan. [...]
Ich bin guten Mutes und habe Hoffnung auf die Zukunft. Jetzt sehe ich, was es bedeutet, Menschen zu haben, die man gern hat und für die man leben möchte, dann kommt man auch über schwere Situationen. Nach Regen kommt Sonneschein. - Ich weiß dass es für dich nicht leicht sein wird zu entscheiden, ob du herkommen sollst oder nicht.[...] Ich küsse Euch auf Eure 4 lieben Augen u. auch Oma u. sage Euch auf baldiges gesundes Wiedersehen. Euer Herbert (7)
Seine Frau machte sich tatsächlich mit ihrem Sohn auf den Weg nach Südfrankreich, aber als sie in Paris mehr über das Lager Gurs erfuhr, kehrte sie sofort wieder um und ging nach Brüssel. Dort verbrachten Regina und ihr kleiner Sohn die nächsten Jahre versteckt in einem Hinterhaus bei einem Friseur. Benjamin Katz erinnert sich bei unserem Gespräch im Frühjahr 2010 daran, dass die ganze Straße von ihrer Existenz gewusst und sie trotzdem niemand verraten hätte. Oftmals waren Wehrmachtsoldaten bei dem Friseur und spielten dort mit Benjamin Katz Murmeln, den sie für einen belgischen Jungen hielten und nicht als Juden erkannten.
Herbert Katz litt sehr unter der Trennung von seiner Familie und schrieb oft. Bis zum Schluss gab er die Hoffnung nicht auf, doch noch eine Auswanderungsmöglichkeit für sich und seine Familie zu finden. Doch er sah seinen Sohn und seine Frau nicht wieder, denn Herbert Katz erkrankte im Lager Gurs und starb dort am 24. Juni 1941.
Regina Katz und ihr Sohn Benjamin überlebten den Krieg in Belgien versteckt und gingen 1956 nach Westberlin, wo Benjamin Katz an der Hochschule der Künste studierte und 1963 die Galerie Werner & Katz gründete. (8)
Benjamin Katz ist heute einer der bedeutendsten Fotokünstler Deutschlands und lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in Köln. Das sehr persönliche Gespräch mit ihm im Frühjahr 2010 hat es uns ermöglicht, mehr über seinen Vater, den ehemaligen Medizinstudenten, zu erfahren. Dafür sind wir Benjamin Katz sehr dankbar. (9)
Ich, Herbert Katz, wurde am 24. III 1912 in Berlin geboren und bin deutscher Staatsangehörigkeit. Ich besuchte bis Frühjahr 1932 das Reformrealgymnasium zu Berlin-Niederschönhausen, wo ich mein Abiturientenexamen ablegte; außerdem besuchte ich in der gleichen Zeit die 15. jüdische Religionsschule in Berlin-Pankow. Zum Sommersemester 1932 wurde ich auf der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin als Medizinstudent immatrikuliert, wo ich mit 2 Unterbrechungen (durch ein Universitätsverfahren 1933/34, das zu meinen Gunsten eingestellt wurde, und den Tod meines Vaters im April 1936) bis zum 25. Mai 1938 studierte. (1)
So beginnt der Lebenslauf, den Herbert Franz Katz am 11. Juli 1938 an die Hebräische Universität in Jerusalem richtet und dort um Aufnahme ersucht. Zu diesem Zeitpunkt sah er für sich und seine Familie keine Zukunft mehr in Berlin.
In den Jahren 1935 und 1936 konnte er noch an der anatomischen Anstalt und dem physiologisch-chemischen Institut der Berliner Universität Übungen und Praktika machen. Das Abgangszeugnis der Universität datiert auf den 25. Mai 1938. (2) Ein Studienabschluss an der Friedrich-Wilhelms-Universität war ihm unmöglich.
Die Brüder von Herbert Katz waren 1938 bereits in Palästina im Exil. Seine Mutter war von einer Palästinareise wieder nach Berlin zurückgekehrt, da sie dort das Klima nicht vertrug und hoffte, es würde ihr in der Heimatstadt Berlin, wo sie nach dem Tod ihres Mannes ein großes Haus bewohnte, besser gehen. Herbert Katz wollte nicht alleine nach Israel emigrieren. An die Universität Jerusalem schreibt er weiter:
Am 8. III 1937 verheiratete ich mich mit der am 12. X 1909 in Huedin (Rumänien) geborenen Schneiderin Regina Hirsch. Bei einer Übersiedlung nach Erez Israel wäre meine Ehefrau dank ihrer beruflichen Fähigkeiten in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. (3)
Herbert Katz wurde am 1. September 1938 an der Universität in Jerusalem zugelassen. Auch seine Frau bekam eine Erlaubnis als Gasthörerin. (4) Allerdings kam es in der Folge zu Problemen bei der Erteilung der Einreisezertifikate für Palästina.
Über die folgende Zeit von Herbert Katz wissen wir hauptsächlich aus Gesprächen mit seinem Sohn Benjamin Katz. Dieser hat sehr viel zu seinem Vater geforscht und die Orte, an denen dieser sein Leben verbracht hatte, in den letzten Jahrzehnten aufgesucht. Benjamin Katz wiederum verdankt viele Informationen Gesprächen mit Heinz Schlesinger, einem Studienkollegen und guten Freund von Herbert Katz, der den Krieg im amerikanischen Exil überlebte.
Am 15. Januar 1939 flüchteten Herbert Katz und seine bereits schwangere Frau im Raum Aachen über die Grenze nach Belgien, indem sie einen Grenzbeamten bestachen. Die nächsten Monate verbrachten sie in Antwerpen, wo Herbert Katz seinen Lebensunterhalt durch das Erteilen von Französischunterricht verdiente. In Antwerpen wurde Benjamin, das einzige Kind des Ehepaares, am 14. Juni 1939 geboren. Herbert Katz versuchte zu diesem Zeitpunkt noch immer, nach Jerusalem auszuwandern:
Antwerpen, 13. VIII, 1939
Unterzeichneter bittet hierdurch höfl. um gefl. Verlängerung der ihm [...] erteilten Zulassung zur Hebräischen Universität Jerusalem, da die bisherigen Bemühungen zur Beschaffung der finanziellen Garantie noch nicht von Erfolg waren und die Regierung des Königreichs Belgien, in welchem ich mit meiner Frau vorübergehend Aufenthalt habe, auf dem Nachweis einer Auswanderungsmöglichkeit allergrößten Wert legt. [...] In der festen Hoffnung, dass Sie meiner Bitte freundl. entsprechen werden, danke ich Ihnen im voraus und zeichne mit vorzüglicher Hochachtung - Shalom - Herbert Katz. (5)
Am 29. September 1939 erfolgte die endgültige Ablehnung durch die Universität Jerusalem. (6)
Nach der Besetzung Belgiens durch deutsche Truppen im Jahre 1940 wurde Herbert Katz in einer gemeinsamen Aktion von belgischen und deutschen Behörden verhaftet und in das Internierungslager Gurs nach Südfrankreich deportiert. Von dort ist ein umfangreicher Briefverkehr erhalten, den Herbert Katz mit seiner Frau in Antwerpen und mit seinem Freund Heinz Schlesinger führte. Noch in Gurs hoffte Herbert Katz auf die Emigration nach Übersee. Am meisten aber fehlten ihm seine Frau und sein Sohn, so dass er sogar versuchte, sie zu überreden, zu ihm nach Gurs zu kommen.
Camp de Gurs, d. 30.XI. 40
Liebe Regi, lieber Benjamin
[...] Inzwischen wirst Du schon versucht haben, hierher zu kommen. Du musst dir klar sein, dass ihr höchstwahrscheinlich im Lager wohnen werdet und vorläufig, wenn nicht inzwischen eine Änderung eintritt. Gerade in diesen Tagen wird sehr viel von Amerika getan. [...]
Ich bin guten Mutes und habe Hoffnung auf die Zukunft. Jetzt sehe ich, was es bedeutet, Menschen zu haben, die man gern hat und für die man leben möchte, dann kommt man auch über schwere Situationen. Nach Regen kommt Sonneschein. - Ich weiß dass es für dich nicht leicht sein wird zu entscheiden, ob du herkommen sollst oder nicht.[...] Ich küsse Euch auf Eure 4 lieben Augen u. auch Oma u. sage Euch auf baldiges gesundes Wiedersehen. Euer Herbert (7)
Seine Frau machte sich tatsächlich mit ihrem Sohn auf den Weg nach Südfrankreich, aber als sie in Paris mehr über das Lager Gurs erfuhr, kehrte sie sofort wieder um und ging nach Brüssel. Dort verbrachten Regina und ihr kleiner Sohn die nächsten Jahre versteckt in einem Hinterhaus bei einem Friseur. Benjamin Katz erinnert sich bei unserem Gespräch im Frühjahr 2010 daran, dass die ganze Straße von ihrer Existenz gewusst und sie trotzdem niemand verraten hätte. Oftmals waren Wehrmachtsoldaten bei dem Friseur und spielten dort mit Benjamin Katz Murmeln, den sie für einen belgischen Jungen hielten und nicht als Juden erkannten.
Herbert Katz litt sehr unter der Trennung von seiner Familie und schrieb oft. Bis zum Schluss gab er die Hoffnung nicht auf, doch noch eine Auswanderungsmöglichkeit für sich und seine Familie zu finden. Doch er sah seinen Sohn und seine Frau nicht wieder, denn Herbert Katz erkrankte im Lager Gurs und starb dort am 24. Juni 1941.
Regina Katz und ihr Sohn Benjamin überlebten den Krieg in Belgien versteckt und gingen 1956 nach Westberlin, wo Benjamin Katz an der Hochschule der Künste studierte und 1963 die Galerie Werner & Katz gründete. (8)
Benjamin Katz ist heute einer der bedeutendsten Fotokünstler Deutschlands und lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in Köln. Das sehr persönliche Gespräch mit ihm im Frühjahr 2010 hat es uns ermöglicht, mehr über seinen Vater, den ehemaligen Medizinstudenten, zu erfahren. Dafür sind wir Benjamin Katz sehr dankbar. (9)
So beginnt der Lebenslauf, den Herbert Franz Katz am 11. Juli 1938 an die Hebräische Universität in Jerusalem richtet und dort um Aufnahme ersucht. Zu diesem Zeitpunkt sah er für sich und seine Familie keine Zukunft mehr in Berlin.
In den Jahren 1935 und 1936 konnte er noch an der anatomischen Anstalt und dem physiologisch-chemischen Institut der Berliner Universität Übungen und Praktika machen. Das Abgangszeugnis der Universität datiert auf den 25. Mai 1938. (2) Ein Studienabschluss an der Friedrich-Wilhelms-Universität war ihm unmöglich.
Die Brüder von Herbert Katz waren 1938 bereits in Palästina im Exil. Seine Mutter war von einer Palästinareise wieder nach Berlin zurückgekehrt, da sie dort das Klima nicht vertrug und hoffte, es würde ihr in der Heimatstadt Berlin, wo sie nach dem Tod ihres Mannes ein großes Haus bewohnte, besser gehen. Herbert Katz wollte nicht alleine nach Israel emigrieren. An die Universität Jerusalem schreibt er weiter:
Am 8. III 1937 verheiratete ich mich mit der am 12. X 1909 in Huedin (Rumänien) geborenen Schneiderin Regina Hirsch. Bei einer Übersiedlung nach Erez Israel wäre meine Ehefrau dank ihrer beruflichen Fähigkeiten in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. (3)
Herbert Katz wurde am 1. September 1938 an der Universität in Jerusalem zugelassen. Auch seine Frau bekam eine Erlaubnis als Gasthörerin. (4) Allerdings kam es in der Folge zu Problemen bei der Erteilung der Einreisezertifikate für Palästina.
Über die folgende Zeit von Herbert Katz wissen wir hauptsächlich aus Gesprächen mit seinem Sohn Benjamin Katz. Dieser hat sehr viel zu seinem Vater geforscht und die Orte, an denen dieser sein Leben verbracht hatte, in den letzten Jahrzehnten aufgesucht. Benjamin Katz wiederum verdankt viele Informationen Gesprächen mit Heinz Schlesinger, einem Studienkollegen und guten Freund von Herbert Katz, der den Krieg im amerikanischen Exil überlebte.
Am 15. Januar 1939 flüchteten Herbert Katz und seine bereits schwangere Frau im Raum Aachen über die Grenze nach Belgien, indem sie einen Grenzbeamten bestachen. Die nächsten Monate verbrachten sie in Antwerpen, wo Herbert Katz seinen Lebensunterhalt durch das Erteilen von Französischunterricht verdiente. In Antwerpen wurde Benjamin, das einzige Kind des Ehepaares, am 14. Juni 1939 geboren. Herbert Katz versuchte zu diesem Zeitpunkt noch immer, nach Jerusalem auszuwandern:
Antwerpen, 13. VIII, 1939
Unterzeichneter bittet hierdurch höfl. um gefl. Verlängerung der ihm [...] erteilten Zulassung zur Hebräischen Universität Jerusalem, da die bisherigen Bemühungen zur Beschaffung der finanziellen Garantie noch nicht von Erfolg waren und die Regierung des Königreichs Belgien, in welchem ich mit meiner Frau vorübergehend Aufenthalt habe, auf dem Nachweis einer Auswanderungsmöglichkeit allergrößten Wert legt. [...] In der festen Hoffnung, dass Sie meiner Bitte freundl. entsprechen werden, danke ich Ihnen im voraus und zeichne mit vorzüglicher Hochachtung - Shalom - Herbert Katz. (5)
Am 29. September 1939 erfolgte die endgültige Ablehnung durch die Universität Jerusalem. (6)
Nach der Besetzung Belgiens durch deutsche Truppen im Jahre 1940 wurde Herbert Katz in einer gemeinsamen Aktion von belgischen und deutschen Behörden verhaftet und in das Internierungslager Gurs nach Südfrankreich deportiert. Von dort ist ein umfangreicher Briefverkehr erhalten, den Herbert Katz mit seiner Frau in Antwerpen und mit seinem Freund Heinz Schlesinger führte. Noch in Gurs hoffte Herbert Katz auf die Emigration nach Übersee. Am meisten aber fehlten ihm seine Frau und sein Sohn, so dass er sogar versuchte, sie zu überreden, zu ihm nach Gurs zu kommen.
Camp de Gurs, d. 30.XI. 40
Liebe Regi, lieber Benjamin
[...] Inzwischen wirst Du schon versucht haben, hierher zu kommen. Du musst dir klar sein, dass ihr höchstwahrscheinlich im Lager wohnen werdet und vorläufig, wenn nicht inzwischen eine Änderung eintritt. Gerade in diesen Tagen wird sehr viel von Amerika getan. [...]
Ich bin guten Mutes und habe Hoffnung auf die Zukunft. Jetzt sehe ich, was es bedeutet, Menschen zu haben, die man gern hat und für die man leben möchte, dann kommt man auch über schwere Situationen. Nach Regen kommt Sonneschein. - Ich weiß dass es für dich nicht leicht sein wird zu entscheiden, ob du herkommen sollst oder nicht.[...] Ich küsse Euch auf Eure 4 lieben Augen u. auch Oma u. sage Euch auf baldiges gesundes Wiedersehen. Euer Herbert (7)
Seine Frau machte sich tatsächlich mit ihrem Sohn auf den Weg nach Südfrankreich, aber als sie in Paris mehr über das Lager Gurs erfuhr, kehrte sie sofort wieder um und ging nach Brüssel. Dort verbrachten Regina und ihr kleiner Sohn die nächsten Jahre versteckt in einem Hinterhaus bei einem Friseur. Benjamin Katz erinnert sich bei unserem Gespräch im Frühjahr 2010 daran, dass die ganze Straße von ihrer Existenz gewusst und sie trotzdem niemand verraten hätte. Oftmals waren Wehrmachtsoldaten bei dem Friseur und spielten dort mit Benjamin Katz Murmeln, den sie für einen belgischen Jungen hielten und nicht als Juden erkannten.
Herbert Katz litt sehr unter der Trennung von seiner Familie und schrieb oft. Bis zum Schluss gab er die Hoffnung nicht auf, doch noch eine Auswanderungsmöglichkeit für sich und seine Familie zu finden. Doch er sah seinen Sohn und seine Frau nicht wieder, denn Herbert Katz erkrankte im Lager Gurs und starb dort am 24. Juni 1941.
Regina Katz und ihr Sohn Benjamin überlebten den Krieg in Belgien versteckt und gingen 1956 nach Westberlin, wo Benjamin Katz an der Hochschule der Künste studierte und 1963 die Galerie Werner & Katz gründete. (8)
Benjamin Katz ist heute einer der bedeutendsten Fotokünstler Deutschlands und lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in Köln. Das sehr persönliche Gespräch mit ihm im Frühjahr 2010 hat es uns ermöglicht, mehr über seinen Vater, den ehemaligen Medizinstudenten, zu erfahren. Dafür sind wir Benjamin Katz sehr dankbar. (9)