Ludwig Glaser

Verlegeort
Elberfelder Straße 29
Bezirk/Ortsteil
Tiergarten
Verlegedatum
04. Juni 2022
Geboren
11. April 1925 in Berlin
Deportation
am 17. November 1941 von Elberfelder Straße 29 nach Kowno, Fort IX
Ermordet
25. November 1941 in Kowno, Fort IX

Ludwig Glaser wurde am 11. April 1925 in Berlin geboren.

Sein Vater war Hugo Glaser, seine Mutter Rosa Glaser, geborene Feldmann. Ludwig hatte einen älteren Bruder, Hans Wolfgang, der am 25. November 1921 zur Welt gekommen war. Die Familie wohnte zum Zeitpunkt seiner Geburt in der Turmstraße 73 in Tiergarten, heute Moabit, Berlin-Mitte. Kurz vor Ludwigs siebtem Geburtstag 1932 zogen die Glasers in die ruhigere Elberfelder Straße 29, 2. Stock, um.

Ludwigs Vater Hugo hatte an der Technischen Hochschule Braunschweig Pharmazie studiert und 1911 seine Approbation zum Apotheker erhalten. In den 1930er Jahren war er in der Zions-Apotheke in der Anklamer Straße 39 angestellt. Die Apotheke zusammen mit einer Drogerie im Nachbarhaus gehörte dem jüdischen Apotheker Isbert Semmel.

Mit der Machtübernahme Hitlers und dem Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933 begann auch für die jüdischen Apotheker in Berlin der Niedergang. Am 31.01.1939 wurde ihnen reichsweit die Bestallung entzogen, das heißt, sie durften ihren Beruf nicht mehr ausüben.

Nur wenige Monate zuvor wurde Hugo Glaser, vermutlich infolge der Novemberpogrome 1938, verhaftet und in das Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert. Sein Schwager Friedrich Feldmann erinnerte sich nach dem Krieg, dass Hugo „als Apotheker in einem Labor für die Lagerverwaltung arbeiten konnte“. Am 14. Dezember 1938 entließ man ihn wieder aus dem KZ.

Die Eltern Ludwig Glasers waren wohlhabend, das belegen die Unterlagen des Rückerstattungsantrags von Friedrich Feldmann, Ludwigs Onkel mütterlicherseits. Er versuchte in den 1950er und 1960er Jahren über 15 Jahre lang, vom bundesdeutschen Staat Schadensersatz für das von den Nazis geraubte Eigentum Rosa Glasers zu erhalten. Wie sich die Familie seit der Verhaftung Hugos Ende 1938 und dem Berufsverbot für jüdische Apotheker durchbrachte, ist unklar. Ihr Besitz wird ihnen möglicherweise eine Zeit lang geholfen haben.

Leider wissen wir sehr wenig über Ludwig. In welche Schule ging er? Welchen Abschluss machte er? War er Mitglied in einer Jugendgruppe, z.B. im Sport oder in der Alija, einer internationalen jüdischen Organisation, die jüdische Kinder und Jugendliche nach Palästina in Sicherheit bringen wollte? Hatte er eine Berufsausbildung begonnen? Diese und andere Fragen müssen bedauerlicherweise offen bleiben. Wir können jedoch vermuten, dass er als Sohn wohlhabender jüdischer Eltern eine sorgfältige Ausbildung erhielt, seine Bar Mitzwa feierte und an den üblichen Aktivitäten von Jugendlichen seiner Kreise teilnahm, solange sie noch möglich waren.

Im Sommer 1939, kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs, zogen Ludwigs Tante Lina Wolf und deren Tochter Ingeborg bei Familie Glaser in der Elberfelder Straße 29 ein. Hier wohnten sie zusammen, bis Familie Glaser deportiert wurde und Lina und Ingeborg nach Schöneberg in die Elßholzstraße 17 umziehen mussten.

Ludwig wurde mit seinen Eltern und seinem Bruder Hans Wolfgang am 17. November 1941 mit 1002 weiteren jüdischen Menschen vom Bahnhof Grunewald nach Kowno in Litauen deportiert. Acht Tage später, am 25. November 1941, wurden Ludwig, 16 Jahre alt, Rosa, 48 Jahre alt, Hugo, 55 Jahre alt, und Hans Wolfgang, 20 Jahre alt, in der Erschießungsstätte Kowno, Fort IX ermordet. Es war der 20. Geburtstag Hans Wolfgangs.