Gertrud Kalischer geb. Schacker

Verlegeort
Güntzelstr. 49
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
26. September 2006
Geboren
05. Juli 1870 in Breslau (Schlesien) / Wrocław
Deportation
am 25. Januar 1942 nach Riga
Ermordet
30. Januar 1942 in Riga

Gertrud Schacher kam am 5. Juni 1870 im schlesischen Breslau (heute: Wrocław / Polen) als Tochter des Kaufmanns Moritz Schacher und seiner Ehefrau Valeska, geb. Steinitz, auf die Welt. Ihr Vater, Konsul und Hoflieferant, gehörte zu einer in ganz Deutschland bekannten Familie von Kürschnern, Pelzfabrikanten und Pelzhändlern. Zu der Firma „S. Schacher, Hofkürschnermeister“, die den Namen des Gründers trug, zählte eine florierende Pelzfabrik für Eisenbahneruniformen. Es gab aber auch – so hatte es wohl begonnen – ein Einzelhandelsgeschäft für Pelze und Rauchwaren am Ring, dem zentralen Marktplatz der Stadt Breslau. <br />
Während der Kindheit und Jugend von Gertrud Schacher wechselte die Familie einige Male die Wohnung – die Einkünfte stiegen, die Familie wurde größer: 1874 wurde der Bruder Franz geboren. Um 1890 wohnte die Familie von Moritz Schacher – er war inzwischen ein reicher Mann geworden – in der Carlsstraße 9/10. <br />
Gertrud Schacher heiratete am 4. Juni 1894 den 1861 in Thorn an der Weichsel (heute: Toruń / Polen) geborenen Kaufmann Isaak Kalischer, der sich „Emil“ nannte. Nach der Hochzeit zogen Emil (noch als Isaak) und Gertrud Kalischer in die Alexanderstraße 8 in Berlin-Mitte. <br />
1895 wurde dort ihr Sohn Hans geboren, der sich später John nannte. 1898 kam Sohn Werner auf die Welt. Die Familie wohnte nun in der Eislebener Straße 9 in Charlottenburg, einer kleinen gutbürgerlichen Wohnstraße.<br />
Anfang des neuen Jahrhunderts starb Gertrud Kalischers Vater. Ihr Bruder Franz wurde der neue Inhaber der Firma. (Von ihm sollte sie bis 1938, dem Jahr seiner Emigration in die USA, einen Teil des Gewinns erhalten.) <br />
Ehemann Emil Kalischer wurde als Textilfabrikant wohlhabend: Er war Gründer und Mitinhaber einer Kammgarnspinnerei, Mitinhaber einer Wollfirma und zweier Strumpfstrickereien. In den folgenden Jahren wohnte die Familie in der Nürnberger Straße, Ecke Kurfürstenstraße, in der Motzstraße 53 und schließlich in der Uhlandstraße 54/55 – immer in einer bürgerlichen Umgebung. <br />
Sohn Hans wurde psychoanalytischer Heilpädagoge, arbeitete im Harz und später wieder in Berlin, zuletzt als Psychoanalytiker in der Wohnung der Eltern in der Uhlandstraße. Sohn Werner wurde Buchhändler und besaß eine anthroposophische Buchhandlung mit Antiquariat in der Kleiststraße 29. Beide Söhne heirateten. 1933 flohen sie aus Berlin: Hans mit seiner Familie nach Frankreich und von dort 1942 in die USA, Werner über Frankreich und Spanien ebenfalls in die USA. <br />
Gertrud Kalischer und ihr Ehemann zogen Mitte der 1930er-Jahre in eine 4-Zimmer-Wohnung in der Güntzelstraße 49. Sie lebten mit hunderten Büchern und Bildern deutscher Impressionisten. <br />
Ihre Hausangestellte von 1932 bis 1939 erinnerte sich später an die Wohnung und auch den kostbaren Schmuck von Gertrud Kalischer. Emil Kalischer erhielt lange Jahre eine Rente aus dem Verkauf seiner Wollfirma. Zuletzt war das Ehepaar allein auf das Geld von Gertrud Kalischer angewiesen, bis 1938. Danach muss es ihnen sehr schlecht gegangen sein. Am 29. Dezember 1940 nahm sich Emil Kalischer das Leben. Gertrud Kalischer war allein. Nach der Erinnerung von Sohn Hans bekam sie von ihm Geld und Lebensmittelpakete.<br />
Am 25. Januar 1942 wurde Gertrud Kalischer in das Ghetto von Riga deportiert. Über 1000 Menschen wurden in Güterwagen vom Bahnhof Grunewald aus nach Osten transportiert. Wegen der herrschenden Kälte erfroren viele bereits auf der langen Fahrt. <br />
Nur 13 Menschen überlebten den Transport und die Zeit im Ghetto, Gertrud Kalischer gehörte nicht zu ihnen.<br />

Gertrud Schacher kam am 5. Juni 1870 im schlesischen Breslau (heute: Wrocław / Polen) als Tochter des Kaufmanns Moritz Schacher und seiner Ehefrau Valeska, geb. Steinitz, auf die Welt. Ihr Vater, Konsul und Hoflieferant, gehörte zu einer in ganz Deutschland bekannten Familie von Kürschnern, Pelzfabrikanten und Pelzhändlern. Zu der Firma „S. Schacher, Hofkürschnermeister“, die den Namen des Gründers trug, zählte eine florierende Pelzfabrik für Eisenbahneruniformen. Es gab aber auch – so hatte es wohl begonnen – ein Einzelhandelsgeschäft für Pelze und Rauchwaren am Ring, dem zentralen Marktplatz der Stadt Breslau.
Während der Kindheit und Jugend von Gertrud Schacher wechselte die Familie einige Male die Wohnung – die Einkünfte stiegen, die Familie wurde größer: 1874 wurde der Bruder Franz geboren. Um 1890 wohnte die Familie von Moritz Schacher – er war inzwischen ein reicher Mann geworden – in der Carlsstraße 9/10.
Gertrud Schacher heiratete am 4. Juni 1894 den 1861 in Thorn an der Weichsel (heute: Toruń / Polen) geborenen Kaufmann Isaak Kalischer, der sich „Emil“ nannte. Nach der Hochzeit zogen Emil (noch als Isaak) und Gertrud Kalischer in die Alexanderstraße 8 in Berlin-Mitte.
1895 wurde dort ihr Sohn Hans geboren, der sich später John nannte. 1898 kam Sohn Werner auf die Welt. Die Familie wohnte nun in der Eislebener Straße 9 in Charlottenburg, einer kleinen gutbürgerlichen Wohnstraße.
Anfang des neuen Jahrhunderts starb Gertrud Kalischers Vater. Ihr Bruder Franz wurde der neue Inhaber der Firma. (Von ihm sollte sie bis 1938, dem Jahr seiner Emigration in die USA, einen Teil des Gewinns erhalten.)
Ehemann Emil Kalischer wurde als Textilfabrikant wohlhabend: Er war Gründer und Mitinhaber einer Kammgarnspinnerei, Mitinhaber einer Wollfirma und zweier Strumpfstrickereien. In den folgenden Jahren wohnte die Familie in der Nürnberger Straße, Ecke Kurfürstenstraße, in der Motzstraße 53 und schließlich in der Uhlandstraße 54/55 – immer in einer bürgerlichen Umgebung.
Sohn Hans wurde psychoanalytischer Heilpädagoge, arbeitete im Harz und später wieder in Berlin, zuletzt als Psychoanalytiker in der Wohnung der Eltern in der Uhlandstraße. Sohn Werner wurde Buchhändler und besaß eine anthroposophische Buchhandlung mit Antiquariat in der Kleiststraße 29. Beide Söhne heirateten. 1933 flohen sie aus Berlin: Hans mit seiner Familie nach Frankreich und von dort 1942 in die USA, Werner über Frankreich und Spanien ebenfalls in die USA.
Gertrud Kalischer und ihr Ehemann zogen Mitte der 1930er-Jahre in eine 4-Zimmer-Wohnung in der Güntzelstraße 49. Sie lebten mit hunderten Büchern und Bildern deutscher Impressionisten.
Ihre Hausangestellte von 1932 bis 1939 erinnerte sich später an die Wohnung und auch den kostbaren Schmuck von Gertrud Kalischer. Emil Kalischer erhielt lange Jahre eine Rente aus dem Verkauf seiner Wollfirma. Zuletzt war das Ehepaar allein auf das Geld von Gertrud Kalischer angewiesen, bis 1938. Danach muss es ihnen sehr schlecht gegangen sein. Am 29. Dezember 1940 nahm sich Emil Kalischer das Leben. Gertrud Kalischer war allein. Nach der Erinnerung von Sohn Hans bekam sie von ihm Geld und Lebensmittelpakete.
Am 25. Januar 1942 wurde Gertrud Kalischer in das Ghetto von Riga deportiert. Über 1000 Menschen wurden in Güterwagen vom Bahnhof Grunewald aus nach Osten transportiert. Wegen der herrschenden Kälte erfroren viele bereits auf der langen Fahrt.
Nur 13 Menschen überlebten den Transport und die Zeit im Ghetto, Gertrud Kalischer gehörte nicht zu ihnen.