Marta Schmeidler geb. Altona

Verlegeort
Wielandstr. 31
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
21. Mai 2008
Geboren
15. Mai 1877 in Marienwerder
Beruf
Putzmacherin
Deportation
am 17. März 1943 nach Theresienstadt
Später deportiert
am 16. Mai 1944 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Marta Schmeidler wurde als Marta Altona am 15. Mai 1877 in Marienwerder/Westpreußen (heute polnisch Kwidzyn) südlich der Danziger Bucht geboren. Sie lernte Putzmacherin (Modistin), möglicherweise arbeitete sie auch in diesem Beruf, da sie später einmal als Putzdirektrice bezeichnet wird. Sie heiratete den elf Jahre jüngeren Paul Schmeidler, einen gelernten Konditor, gebürtig aus Kenty, südlich von Kattowitz gelegen. 1917 brachte Marta, fast 40-jährig, ihre Tochter Hanna zur Welt. Zu der Zeit lebten Marta und Paul bereits in Berlin in der Lützowstraße 97, wohl zur Untermiete. <br />
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Im Adressbuch Berlin war Paul Schmeidler erst 1920 zu finden, in der Wielandstraße 17 und als Kaufmann bezeichnet. Er scheint ein bewegtes Geschäftsleben entfaltet zu haben. Möglicherweise war er an der Bäckerei und Konditorei Schmeidler & Strikowsky in der Leibnizstraße 43 beteiligt, die im Adressbuch 1925 und 1926 aufgeführt ist. 1926 ist auf seinen Namen auch eine Bäckerei und Konditorei im Grunewald, Hagenstraße 20a eingetragen. Um 1929 erwarb er die Bäckerei und Konditorei mit Café „Zum Wiener“ in der Kommandantenstraße 44a, bezeichnete sich mittlerweile auch nicht mehr als Kaufmann, sondern als Konditor. Gleichzeitig betrieb das Paar auf Martas Namen eine Versandbäckerei in der Zimmerstraße 84. 1932 schließlich meldeten sie auf Martas Namen beim Handelsregister die „Zum Wiener, Konditorei und Feinbäckerei GmbH“ an, zur Übernahme der jetzt schon von Frau Marta Schmeidler betriebenen Feinbäckerei Zum Wiener, Geschäftsführer Paul Schmeidler. Es folgte noch eine Filiale – nur Bäckerei – in der Martin-Luther-Straße 91. Laut Tochter Hanna handelte es sich bei „Zum Wiener“ um einen größeren Betrieb, in dem nicht nur Paul als Konditormeister und Marta im Laden arbeiteten, sondern der noch 5 Konditorgesellen, 3 Bäckergesellen, 3-4 Lehrlinge, 3 Verkäuferinnen, 6 Kellnerinnen, 3 Köchinnen und einen Fahrer für die Lieferungen beschäftigte. In der Filiale waren noch ein Geschäftsführer und 2 Verkäuferinnen. Hanna selbst lernte beim Vater.<br />
<br />
Ob sich Schmeidlers übernommen hatten oder ob sich antisemitische Maßnahmen schon früh auf ihr Geschäft auswirkten – jedenfalls waren sie 1934 überschuldet, die Miete hatten sie seit Monaten nicht bezahlt. Sie mussten das Café verkaufen, die Bäckereieinrichtung wurde zur Schuldentilgung beschlagnahmt. Die Filiale in der Martin-Luther-Straße blieb auch nur noch kurze Zeit bestehen. Schmeidlers mussten ihre langjährige Wohnung in der Wielandstraße 17 aufgeben. Als polnische Staatsbürger wurden sie doppelt diskriminiert und Paul beschloss im Herbst 1935 nach Polen zu fliehen. Er ging nach Kattowitz. <br />
<br />
Marta und Hanna blieben zurück, sie wohnten zur Untermiete in der Wielandstraße 35, bei Rechtsanwalt Georg Glaser. Hanna versuchte ihre Lehre bei einer anderen Bäckerei zu beenden, bekam aber vom Arbeitsamt keine Erlaubnis dafür und schlug sich als Hausmädchen durch. Anfang Juli 1939 wurde sie ausgewiesen, binnen 2 Wochen hatte sie das Reich zu verlassen. Sie schaffte es, nach England zu flüchten. Schon vor der Flucht ihrer Tochter hatte Marta Schmeidler eine Wohnung im Gartenhaus der Wielandstraße 31 gemietet. Dort wurde sie bei der Volkszählung vom Mai 1939 erfasst, auf einer besonderen Kartei, in der Juden gesondert registriert wurden. Ihre Wohnung hatte 2½ Zimmer, wovon sie eines untervermietete. Als sie Anfang März 1943 eine „Vermögenserklärung“, wie alle zur Deportation Bestimmten, ausfüllen musste, war der namentlich nicht genannte Untermieter bereits „abgewandert“, ein Euphemismus für die Deportation. An Besitz gab Marta an, dass die Einrichtung ihres Schlaf- und Esszimmers „komplett“ sei, ihr Wohnzimmer „klein“, ohne die einzelnen Möbelstücke aufzuzählen. Sie habe Geschirr und Wäsche, auch hier ohne zu spezifizieren. An Damenbekleidung besitze sie nur „das zur Abwanderung nötige“. <br />
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Marta Schmeidler wurde in das Sammellager in der Levetzowstraße 7/8 gebracht, eine zweckentfremdete Synagoge, wo sie bis zum 17. März interniert blieb. An diesem Tag musste sie mit über 1000 anderen Menschen einen „geschlossenen Sonderzug“ besteigen, der sie alle nach Theresienstadt verschleppen würde. Dies war der letzte von vier Berliner „Großtransporten“ in das beschönigend „Altersghetto“ genannte Lager – in der Regel umfassten sonst die Deportationen nach Theresienstadt 50-100 Menschen, die in geschlossene und verplombte, an Regelzüge angehängte Einzelwaggons gesteckt wurden. In Theresienstadt angekommen, musste Marta Schmeidler feststellen, dass es sich mitnichten um eine altersgemäße Unterbringung, sondern um ein völlig überfülltes, unterversorgtes, hygienisch katastrophales, menschenunwürdiges Lager handelte, in dem Krankheiten und Seuchen grassierten. Marta überlebte dennoch über ein Jahr. <br />
<br />
Aber am 16. Mai 1944, wurde sie, diesmal zusammen mit 2500 Personen, von Theresienstadt nach Auschwitz verschleppt. Sie gehörten zu den rund 7500, die im Mai 1944 in drei „Transporten“ aus Theresienstadt weggebracht wurden, weil am 23. Juni eine internationale Kommission angekündigt war und die Wohnungen nicht so beengt aussehen sollten. Lediglich 34 der am 16. Mai Deportierten überlebten, Marta Schmeidler gehörte nicht dazu. Ihr Todesdatum ist nicht bekannt.<br />
<br />
Martas Wohnung war am 6. Mai 1943 geräumt worden, sie wurde einem Leutnant Krohn zugesprochen. Der Wert ihrer Möbel wurde vom Gerichtsvollzieher auf 615.- RM geschätzt, den Erlös strich die Reichskasse ein.<br />
<br />
Von Paul Schmeidler erhielt seine Tochter Hanna das letzte Lebenszeichen 1939 aus Kattowitz. Er soll danach nach Warschau gegangen sein, wo sich seine Spur vollends verliert. Wir müssen davon ausgehen, dass auch er ein Opfer von NS-Krieg und NS-Verfolgung wurde. Ebenfalls von den Nationalsozialisten umgebracht wurden Martas und Hannas Vermieter in der Wielandstraße 35, Georg Glaser und Elfriede, geb. Kaufmann. Sie wurden am 11. November 1942 nach Auschwitz deportiert und dort im Januar 1943 ermordet.<br />
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Marta Schmeidler wurde als Marta Altona am 15. Mai 1877 in Marienwerder/Westpreußen (heute polnisch Kwidzyn) südlich der Danziger Bucht geboren. Sie lernte Putzmacherin (Modistin), möglicherweise arbeitete sie auch in diesem Beruf, da sie später einmal als Putzdirektrice bezeichnet wird. Sie heiratete den elf Jahre jüngeren Paul Schmeidler, einen gelernten Konditor, gebürtig aus Kenty, südlich von Kattowitz gelegen. 1917 brachte Marta, fast 40-jährig, ihre Tochter Hanna zur Welt. Zu der Zeit lebten Marta und Paul bereits in Berlin in der Lützowstraße 97, wohl zur Untermiete.

Im Adressbuch Berlin war Paul Schmeidler erst 1920 zu finden, in der Wielandstraße 17 und als Kaufmann bezeichnet. Er scheint ein bewegtes Geschäftsleben entfaltet zu haben. Möglicherweise war er an der Bäckerei und Konditorei Schmeidler & Strikowsky in der Leibnizstraße 43 beteiligt, die im Adressbuch 1925 und 1926 aufgeführt ist. 1926 ist auf seinen Namen auch eine Bäckerei und Konditorei im Grunewald, Hagenstraße 20a eingetragen. Um 1929 erwarb er die Bäckerei und Konditorei mit Café „Zum Wiener“ in der Kommandantenstraße 44a, bezeichnete sich mittlerweile auch nicht mehr als Kaufmann, sondern als Konditor. Gleichzeitig betrieb das Paar auf Martas Namen eine Versandbäckerei in der Zimmerstraße 84. 1932 schließlich meldeten sie auf Martas Namen beim Handelsregister die „Zum Wiener, Konditorei und Feinbäckerei GmbH“ an, zur Übernahme der jetzt schon von Frau Marta Schmeidler betriebenen Feinbäckerei Zum Wiener, Geschäftsführer Paul Schmeidler. Es folgte noch eine Filiale – nur Bäckerei – in der Martin-Luther-Straße 91. Laut Tochter Hanna handelte es sich bei „Zum Wiener“ um einen größeren Betrieb, in dem nicht nur Paul als Konditormeister und Marta im Laden arbeiteten, sondern der noch 5 Konditorgesellen, 3 Bäckergesellen, 3-4 Lehrlinge, 3 Verkäuferinnen, 6 Kellnerinnen, 3 Köchinnen und einen Fahrer für die Lieferungen beschäftigte. In der Filiale waren noch ein Geschäftsführer und 2 Verkäuferinnen. Hanna selbst lernte beim Vater.

Ob sich Schmeidlers übernommen hatten oder ob sich antisemitische Maßnahmen schon früh auf ihr Geschäft auswirkten – jedenfalls waren sie 1934 überschuldet, die Miete hatten sie seit Monaten nicht bezahlt. Sie mussten das Café verkaufen, die Bäckereieinrichtung wurde zur Schuldentilgung beschlagnahmt. Die Filiale in der Martin-Luther-Straße blieb auch nur noch kurze Zeit bestehen. Schmeidlers mussten ihre langjährige Wohnung in der Wielandstraße 17 aufgeben. Als polnische Staatsbürger wurden sie doppelt diskriminiert und Paul beschloss im Herbst 1935 nach Polen zu fliehen. Er ging nach Kattowitz.

Marta und Hanna blieben zurück, sie wohnten zur Untermiete in der Wielandstraße 35, bei Rechtsanwalt Georg Glaser. Hanna versuchte ihre Lehre bei einer anderen Bäckerei zu beenden, bekam aber vom Arbeitsamt keine Erlaubnis dafür und schlug sich als Hausmädchen durch. Anfang Juli 1939 wurde sie ausgewiesen, binnen 2 Wochen hatte sie das Reich zu verlassen. Sie schaffte es, nach England zu flüchten. Schon vor der Flucht ihrer Tochter hatte Marta Schmeidler eine Wohnung im Gartenhaus der Wielandstraße 31 gemietet. Dort wurde sie bei der Volkszählung vom Mai 1939 erfasst, auf einer besonderen Kartei, in der Juden gesondert registriert wurden. Ihre Wohnung hatte 2½ Zimmer, wovon sie eines untervermietete. Als sie Anfang März 1943 eine „Vermögenserklärung“, wie alle zur Deportation Bestimmten, ausfüllen musste, war der namentlich nicht genannte Untermieter bereits „abgewandert“, ein Euphemismus für die Deportation. An Besitz gab Marta an, dass die Einrichtung ihres Schlaf- und Esszimmers „komplett“ sei, ihr Wohnzimmer „klein“, ohne die einzelnen Möbelstücke aufzuzählen. Sie habe Geschirr und Wäsche, auch hier ohne zu spezifizieren. An Damenbekleidung besitze sie nur „das zur Abwanderung nötige“.

Marta Schmeidler wurde in das Sammellager in der Levetzowstraße 7/8 gebracht, eine zweckentfremdete Synagoge, wo sie bis zum 17. März interniert blieb. An diesem Tag musste sie mit über 1000 anderen Menschen einen „geschlossenen Sonderzug“ besteigen, der sie alle nach Theresienstadt verschleppen würde. Dies war der letzte von vier Berliner „Großtransporten“ in das beschönigend „Altersghetto“ genannte Lager – in der Regel umfassten sonst die Deportationen nach Theresienstadt 50-100 Menschen, die in geschlossene und verplombte, an Regelzüge angehängte Einzelwaggons gesteckt wurden. In Theresienstadt angekommen, musste Marta Schmeidler feststellen, dass es sich mitnichten um eine altersgemäße Unterbringung, sondern um ein völlig überfülltes, unterversorgtes, hygienisch katastrophales, menschenunwürdiges Lager handelte, in dem Krankheiten und Seuchen grassierten. Marta überlebte dennoch über ein Jahr.

Aber am 16. Mai 1944, wurde sie, diesmal zusammen mit 2500 Personen, von Theresienstadt nach Auschwitz verschleppt. Sie gehörten zu den rund 7500, die im Mai 1944 in drei „Transporten“ aus Theresienstadt weggebracht wurden, weil am 23. Juni eine internationale Kommission angekündigt war und die Wohnungen nicht so beengt aussehen sollten. Lediglich 34 der am 16. Mai Deportierten überlebten, Marta Schmeidler gehörte nicht dazu. Ihr Todesdatum ist nicht bekannt.

Martas Wohnung war am 6. Mai 1943 geräumt worden, sie wurde einem Leutnant Krohn zugesprochen. Der Wert ihrer Möbel wurde vom Gerichtsvollzieher auf 615.- RM geschätzt, den Erlös strich die Reichskasse ein.

Von Paul Schmeidler erhielt seine Tochter Hanna das letzte Lebenszeichen 1939 aus Kattowitz. Er soll danach nach Warschau gegangen sein, wo sich seine Spur vollends verliert. Wir müssen davon ausgehen, dass auch er ein Opfer von NS-Krieg und NS-Verfolgung wurde. Ebenfalls von den Nationalsozialisten umgebracht wurden Martas und Hannas Vermieter in der Wielandstraße 35, Georg Glaser und Elfriede, geb. Kaufmann. Sie wurden am 11. November 1942 nach Auschwitz deportiert und dort im Januar 1943 ermordet.