Witti Großmann geb. Neutuch

Verlegeort
Kastanienallee 74
Bezirk/Ortsteil
Prenzlauer Berg
Verlegedatum
04. April 2022
Geboren
29. Juli 1886 in Sereth (Galizien) / Siret
Abgeschoben
Juni 1939 nach Polen
Deportation
1940 nach Łódź / Litzmannstadt
Ermordet
31. Oktober 1944 im Łódź / Litzmannstadt

Witti Neutuch wurde am 29. Juli 1886 in Sereth (damals Österreich später Rumänien) geboren.

Ihre Mutter, Ruchel Neutuch, war in Sereth Händlerin.

Etwa um 1910 muss Witti mit ihrem Mann Nathan Großmann und den beiden Söhnen Isaak (* 1907 in Sereth) und Jakob Wolf (* 1909 in Sereth) nach Berlin gezogen sein, denn im Januar 1912 wurde dort die Tochter Anna geboren.

Am 2. August 1914 heirateten der Tischler Nathan Großmann und Witti Neutuch in Berlin standesamtlich und Nathan erkannte alle drei vorehelich geborenen Kinder als von ihm stammend an. Laut der Eheurkunde waren sie mosaisch religiös und wohnten in der Ackerstraße 34 in Berlin-Mitte.

In den Kriegsjahren verliert sich ihre Spur in Berlin.

Erst 1921 finden sich wieder Spuren der Familie Großmann, denn im Oktober 1921 war Nathan Großmann Trauzeuge bei der Eheschließung der Schwägerin seiner Frau – Keila Katz, verehelichte Trattner.

Daher wissen wir, dass der Tischler Nathan Großmann mit seiner Familie nun in der Brunnenstraße 152 in Berlin-Mitte wohnte.

1937 erscheint Nathan Großmann im Berliner Telefonbuch mit der Anschrift Weinbergsweg 6 in Berlin-Mitte unweit des Rosenthaler Platzes. Im darauffolgenden Jahrgang 1938 wird anstelle von Nathan dann Witti Großmann unter dieser Anschrift genannt.

Wo war Nathan geblieben? Eine Sterbeurkunde von ihm konnte nicht gefunden werden. Wahrscheinlicher ist deshalb die Annahme, dass Nathan – wie viele Bewohner Deutschlands ohne deutsche Staatsbürgerschaft – versuchte, für sich und seine Familie im Ausland eine sichere Bleibe zu finden und deshalb durch Europa oder vielleicht sogar Amerika reiste. Unter den politischen Umständen – ein gefährliches Unternehmen. Konkretes zu seinem Schicksal wie auch dem der drei Großmann-Kinder konnte leider nicht ermittelt werden.

Am 26. Januar 1939 wurde auf der Eheurkunde der Großmanns dann der Stempel mit dem Vermerk über den (zwangsweise) eingeführten zusätzlichen Vornamen nur für die Ehefrau eingetragen.

Auch die Angaben der Ergänzungskarte aus der im Mai 1939 durchgeführten Volkszählung weisen nur Daten für Witti Großmann aus. Sie wohnte nun in der Kastanienallee 74 in Prenzlauer Berg bei der Familie ihrer Schwägerin Keila Katz, verehelichte Trattner.

Die Familie Trattner wurde im Zuge der „Polenaktion“ als polnische Staatsbürger aus Deutschland ausgewiesen. Der Vater Majer Trattner verließ 1938 Berlin – vermutlich um die Übersiedlung der Familie nach Polen vorzubereiten.

Die Mutter Keila verließ Berlin mit den Kindern Leo und Margot im Sommer 1939 - wie sich aus der Schulabmeldung der beiden Kinder schlussfolgern lässt.

Sehr wahrscheinlich ging „Tante“ Witti Großmann mit ihnen.

Nach dem deutschen Überfall auf Polen wurden ab 1940 in vielen besetzten polnischen Städten Ghettos für die jüdische Bevölkerung eingerichtet.

Witti Großmann wurde im Ghetto Litzmannstadt/Lodz interniert, denn in den überlieferten Unterlagen dieses Ghettos wurde sie mit ihrem Todesdatum vom 31.10.1944 dokumentiert.

Auch für Witti Großmann geb. Neutuch wurde in der Kastanienallee 74 auf Initiative des Eigentümers ein Stolperstein verlegt.