Margarete Stern geb. Pariser

Verlegeort
Nassauische Str. 61
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
15. April 2010
Geboren
23. Dezember 1871 in Berlin
Deportation
am 03. Oktober 1942 nach Theresienstadt
Ermordet
25. Dezember 1942 in Theresienstadt

Margarete Adolfine Pariser wurde als jüngstes von vier Kindern des Ehepaares Albert und Emilie Pariser am 23. Dezember 1871 in Berlin geboren. Ihre Geschwister waren Julius Kurt (1863 - 1931), Otto (1865 - 1934) und Gertrud (1867 - 1906)).

Albert Pariser war von Beruf Kaufmann, doch viele Familienmitglieder waren oder wurden Mediziner.
Julius studierte Allgemeinmedizin, er praktizierte in Altheide, Bez. Glatz in Schlesien. Otto erlernte wie sein Vater den Beruf eines Kaufmanns und Gertrud heiratete den Arzt Dr. Max Leichtentritt. Sie wurde nur 29 Jahre alt.

Auch Margarete heiratete einen Arzt, Dr. Leopold (Leo) Stern geb. am 4. November 1865. Er kam aus einer Kaufmannsfamilie. Am 22. April 1897 war ihre Eheschließung. Margaretes Eltern waren zu diesem Zeitpunkt schon verstorben - Albert Pariser im Jahr 1878 und Emilie 1890. Emilies Vater, Margaretes Großvater trug den Titel eines Königlichen Sanitätsrats.

Leo Stern wohnte damals in der Andreasstraße 56, später Nr.33 in Friedrichshain. 1912 zog das Ehepaar in die Große Frankfurter Straße 123. Bis 1938 ist Leo Stern in den Adressbüchern unter dieser Anschrift verzeichnet.

Am 28. Januar 1898 kam Charlotte auf die Welt, am 19. Januar 1900 ihre Schwester Elisabeth. Auch sie heiratete 1922 einen Mediziner, den Zahnarzt Dr. James Ludwig Krebs (*1898).
Charlotte war seit 1923 mit dem Kaufmann Rudolf Spiegel–Wolff verheiratet und wohnte mit ihm in der Nassauischen Straße 61.

1939 zogen Margarete und Leo bei Charlotte und Rudolf ein.

Kurz nach ihrem Umzug kam Leo bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Er starb am 15. Juni 1939 im Jüdischen Krankenhaus. Die Folgen des Unfalls waren neben Prellungen, Rippenbrüchen und Kreislaufschwäche eine Lungenentzündung, die er nicht überlebte.
Am 16. Oktober 1939 wurde Margarete Großmutter. Charlotte und Rudolf bekamen einen Sohn, Dan, auch Danny genannt.

Charlotte und Rudolf versuchten im Herbst 1939 mit ihrem Baby Nazideutschland zu verlassen und hatten schon Schiffspassagen nach Shanghai gebucht und angezahlt. Durch die Insolvenz der Reiseagentur kam die Ausreise nicht zustande und Rudolf mietete am Friedrich – Karl – Platz 17 (heute Klausenerplatz) eine kleine Wohnung.
Margarete zog am 1. September 1940 zur Untermiete am Hohenzollerndamm 201 bei dem jüdischen Vermieter Karl Klingelhöfer ein. Die Lage der Wohnung von Herrn Klingelhöfer gab sie mit „Portal II v. III links“ an. Von ihrem ursprünglichen Hausstand hatte sie so gut wie nichts behalten können. Ihren Schmuck und weitere Wertsachen hatte sie längst – schon im Februar 1939 – in einer Ankaufstelle in der Jägerstraße abgeben müssen. Ihr verbliebenes „Vermögen“, dass sie kurz vor ihrer Deportation deklarieren musste, gab sie mit „nur wenige einzelne Teile“ an, „alles andere wurde mir zur Mitbenutzung überlassen.“ Unter der Rubrik „Verschiedenes“ trug sie ein: „nur ganz wenige Kleinstücke, die ich zur Abwanderung mitnehme.“

Der Obergerichtsvollzieher, der für die Oberfinanzbehörde die Vermögenspfändung durchführen sollte, gab an: „Schätzungswert: erfolglos“. Immerhin verlangte er vom Oberfinanzpräsidium 2,55 RM für Gebühr, Fahrkosten, Schreibgebühr und Vordrucke.
Diesen Vordruck hatte Margarete sorgfältig mit akribischer Schrift am 28. September 1942, fünf Tage vor ihrer Deportation nach Theresienstadt ausgefüllt. Sie wurde am 3. Oktober 1942 mit dem sogenannten 3. großen Alterstransport in das böhmische Ghetto Theresienstadt transportiert, wo sie nur wenige Monate überlebte. Am 27. Dezember 1942 wurde Margarete Stern ums Leben gebracht.

Die Verschleppung ihrer Kinder Charlotte, Rudolf und Dan nach Sobibor hatte sie im Juni 1942, also 3 Monate vor ihrer eigenen Deportation noch schmerzhaft miterleben müssen. Deren Schicksal wird in gesonderten Biografien dargestellt.

Ihrer Tochter Elisabeth Krebs und ihrem Ehemann James Ludwig Krebs war zu einem nicht bekannten Zeitpunkt die Flucht nach Palästina gelungen. Sie lebten in Tel Aviv, von wo aus Elisabeth 1952 einen Antrag auf Entschädigung für ihre Mutter und ihre Schwester Charlotte stellte. Nachdem James Krebs 1964 in Tel Aviv gestorben war, wanderte Elisabeth in die USA aus. Sie starb dort im Jahr 1979 und wurde auf dem Beth Israel Cemetery in Fresno/Kalifornien beigesetzt.

Für Margarete wie für ihre Tochter Charlotte wurden Gedenkblätter von der entfernten Verwandten Carolyn Winchester geb. Burgess, aus Frankreich, in der Gedenkstätte Yad Vashem hinterlegt.