Marianne Klatt geb. Heidenhain

Verlegeort
Nassauische Str. 61
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
15. April 2010
Geboren
19. November 1882 in Marienwerder
Flucht in den Tod
in Berlin

Am 19. November 1882 wurde in Marienwerder/Westpreußen Marianne Nanny Dorothea Heidenhain geboren. Sie war Tochter des Arztes Dr. Max Heidenhain und seiner Frau Dorothea geb. Jacobson. Am 6. April 1883 wurde Marianne in der Deutschen Kirche Marienwerder evangelisch getauft. Ein Hinweis auf eine jüdische Herkunft ist einem Eintrag im Taufregister zu entnehmen, in dem ihrem Namen der Zusatz „Israel“ hinzugefügt wurde. Dass sie auf Grund der nationalsozialistischen Rassegesetze als Jüdin galt, ergibt sich weiterhin aus der Meldekartei von 1939, in der alle Juden gesondert erfasst wurden und dem Zwangsnamen Sara, wie er in der Deportationsliste hinter ihrem eigentlichen Namen Marianne stand.

Marianne heiratete den ebenfalls in Marienwerder ansässigen Arzt Dr. Hans Klattkang, später Klatt, mit dem sie zwei Söhne bekam.

Am 13. Juli 1902 wurde Hans Heinrich Eduard geboren und am 4. Juli 1906 Wilhelm Max Georg. Beide Kinder wurden ebenso wie ihre Mutter evangelisch getauft.

Wann aus dem Namen Klattkang das kürzere Klatt wurde, ist nicht überliefert, ebensowenig, wann Hans Klatt starb.

Die Söhne zogen nach Berlin, Marianne Klatt blieb in Marienwerder und verdiente ihren Unterhalt als Musiklehrerin.

Hans Heinrich, er war verheiratet mit Mathilde Lange, machte eine große Karriere als Schauspieler. An der Seite von Veit Harlan und Dora Gerson spielte er in zahlreichen Theaterstücken mit. Er starb im November 1932 im Alter von 30 Jahren in seiner Wohnung am Kaiserplatz 10 (heute Bundesplatz).

Wilhelm Max war Lektor, Journalist und Schriftsteller geworden. Er heiratete ein halbes Jahr vor dem Tod seines Bruders die Stenotypistin Annemarie Kleemann. Im selben Jahr, am 11. Juni 1932, wurde der Sohn Michael Johannes geboren. Die Ehe zwischen Wilhelm und Annemarie wurde 1935 wieder geschieden. Michael zog daraufhin zur Großmutter Marianne in die Nassauische Straße. Sie hatte irgendwann nach 1932 Marienwerder verlassen. Michael erinnerte sich später daran, dass seine Großmutter mehrfach untergetauchte Juden in der Wohnung versteckt hatte, was bei dem kleinen Jungen die ständige Angst auslöste, dass die Gestapo kommen und in die Wohnung eindringen könnte. Lt. ihrer Kennkarte soll sie dort 1943 bei der Bankangestellten B. Paul zur Untermiete gewohnt haben.
Michael wanderte zu einem nicht bekannten Zeitpunkt nach Kanada aus, wo er eine Familie gründete und 2002 starb.

Im August 1941 wurde Wilhelm Max Klatt in das Zuchthaus Brandenburg – Görden eingeliefert und dort am 6. September um 5 Uhr früh hingerichtet. Grund der Verhaftung und Ermordung war „Fahnenflucht“, was immer sich für Wilhelm hinter dieser Bezeichnung verbarg.

Am 27. Februar 1943 begann in Berlin die sogenannte „Fabrikaktion“. Die bis dahin von der Deportation verschonten letzten Berliner Juden, die noch in der Rüstungsindustrie Zwangsarbeit leisten mussten, wurden in einer Großrazzia aus ihren Betrieben heraus verhaftet und kurz darauf in die Vernichtungslager deportiert. Dazu gehörten auch sogenannte „Geltungsjuden“ wie Marianne Klatt, die, wie auch ihre Söhne, der protestantischen Kirche angehörte. Marianne Klatts Deportation stand unmittelbar bevor. Ihr Name war bereits auf der Deportationsliste nach Auschwitz am 1. März unter der Nummer 39 vermerkt. Angesichts der bevorstehenden Fahrt in das Vernichtungslager nahm sich Marianne Klatt das Leben. Ihr genauer Todeszeitpunkt ist nicht bekannt, ebensowenig der Ort der Bestattung.