Siegfried Levy

Verlegeort
Nassauische Str. 61
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
15. April 2010
Geboren
08. September 1891 in Culm / Chełmno
Deportation
am 19. April 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Siegfried Levy wurde am 8. September 1891 als drittes von fünf Kindern im westpreußischen Culm (Chełmno) geboren. Die Eltern waren der Klempnermeister Moritz Levy und seine Frau Cecilie geb. Levy.
Siegfried Levy besuchte in Culm die Realschule bis zur Obertertia und erlernte anschließend das Klempnerhandwerk im Betrieb seines Vaters, der in Culm ein Installationsgeschäft mit angeschlossener Eisenwarenhandlung betrieb. 1913 trat er bei den „Culmer Jägern“ seinen aktiven Militärdienst an. Im Ersten Weltkrieg wurde er an der Front eingesetzt und später mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. Nach dem Krieg kehrte er kurzfristig nach Culm zurück, übersiedelte aber 1920 nach Berlin. Er wechselte nun ins kaufmännische Fach und beteiligte sich an dem Konfektionsgeschäft von J.L. Rosenzweig in der Invalidenstraße 1a. Nach seinem Eintritt wurde die Firma in Rosenzweig & Levy umbenannt. Allerdings ist nur 1926 die Firma unter diesem Namen in den Adressbüchern zu finden. Bis 1938 ist sie wechselnd unter Siegfried Levys Namen oder unter J.L. Rosenzweig eingetragen.

Am 19. Juni 1928 heiratete Siegfried die geschiedene Margarete David geb. Markt, die den 12- jährigen Sohn Rolf Ludwig mit in die Ehe brachte. Die Familie David wohnte in der Duisburger Straße 18 in einer 4-Zimmer-Wohnung. Nach der Scheidung 1925 war Martin David ausgezogen und hatte Margarete und dem Sohn die Wohnung überlassen. Siegfried Levy, der zum Zeitpunkt der Heirat in der Kantstraße 57 gewohnt hatte, zog nun zu seiner Frau und dem Stiefsohn in die Duisburger Straße. Aus nicht bekannten Gründen war die Familie gezwungen, 1933 die Wohnung zu verlassen und in eine nahe gelegene kleinere in der Konstanzer Straße 11 zu ziehen. Zum Glück konnte das gesamte Inventar in die neue Wohnung mitgenommen werden, denn Margarete war anspruchsvoll, wie einige Familienangehörige später berichteten.

Der Stiefsohn Rolf Ludwig verließ unter dem Druck der sich verschärfenden Verfolgung der jüdischen Bevölkerung 1937 Nazideutschland und emigrierte nach Palästina.

1938 wurde die Firma Rosenzweig & Levy gezwungenermaßen an einen vermutlich „arischen“ Angestellten veräußert. Damit verbunden begann sich auch die Wohnsituation des Ehepaares dramatisch zu verschlechtern. Auf der Meldekarte von Siegfried Levy waren für 1938 mehrere Adressen verzeichnet: Brandenburgische Straße 43 zur Untermiete bei Grünbaum, Motzstraße 88 und schließlich, ab Dezember 1938, Nassauische Straße 61. Sie wurden bei Julius Lewinsohn, der eine kleine Parterrewohnung im Gartenhaus bewohnte, möbliert zur Untermiete in einem seiner 2 Zimmer untergebracht. Beim Auszug aus der Konstanzer Straße 11 hatten Siegfried und Margarete Levy ihre gesamte Wohnungseinrichtung, zu der auch zahlreiche Kunstgegenstände gehörten, weit unter Wert verschleudern müssen.

Siegfried Levy wurde für einen Wochenlohn von 38 RM zu Zwangsarbeit in der Bauschlosserei Paul Fromm in Köpenick verpflichtet.

Als er am 19. März 1943 seine „Vermögenserklärung“ unterschrieb, besaß er nichts mehr, was er hätte angeben können. Der Obergerichtsvollzieher bescheinigte: „Levy hat möbliert gewohnt. Eigene Sachen konnten nicht festgestellt werden. Evt. Sachen werden mit denen des Vermieters aufgenommen.“

Zwischen der Unterzeichnung der Vermögenserklärung und der Deportation vergingen vier Wochen. Offenbar wurden Siegfried und Margarete Levy bis dahin in dem als Gestapo Gefängnis umfunktionierten Altersheim Große Hamburger Straße 26 gefangen gehalten. Dort wurde ihnen die Urkunde des Obergerichtsvollziehers am 16. April 1943 zugestellt. Drei Tage darauf, am 19. April 1943 wurde das Ehepaar mit dem 37. Osttransport, der insgesamt 688 Jüdinnen und Juden umfasste, nach Auschwitz deportiert. Ihr Todesdatum ist nicht bekannt.

 

Zum Schicksal der Geschwister Siegfried Levys:
Selma Levy verh. Rosendorff, geb. 30. September 1887, flüchtete 1939 zusammen mit ihren Söhnen Manfred und Gerhard Richard in die Niederlande. Über Westerborg wurden sie nach Sobibor bzw. Auschwitz deportiert. Selma wurde am 7. Mai 1943 im Vernichtungslager Sobibor ermordet. Ihr Sohn Rudolf war 1936 in die Niederlande geflüchtet, er wurde 1945 im KZ Buchenwald ermordet, seine Frau und die kleine Tochter wurden in Auschwitz ums Leben gebracht. Selmas Tochter Lizzy emigrierte nach Südafrika.
Arthur Levy, geb. 11. September 1889, emigrierte nach Palästina.
Bruno Levy, geb. 25. Oktober 1893, wurde am 9. Oktober 1944 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.
Richard Levy, geb. am 30. November 1895, starb als Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg im Oktober 1917 .