Semmy Frankenthal, geboren am 11. Mai 1883, war Sohn des Hamburger Kaufmanns Joseph Frankenthal (1856 – 1923) und seiner Frau Ida Frankenthal geb. Fürst (1860 – 1930). Kindheit und Jugend verbrachte Semmy in Hamburg, wo auch 17 Jahre später, am 18. März 1900 sein Bruder Leonhardt geboren wurde. Semmy erhielt den Vornamen nach seinem Großvater, der ebenfalls Kaufmann war. Die Familientradition setzte sich fort und Semmy und Leonhardt wurden ebenfalls Kaufleute. Beide sollten beruflich und familiär lange verbunden bleiben.
Am 9. April 1908 heiratete Semmy Hanna (auch Hanni oder Hanchen) Kupferbach (*26. Mai 1886). Im darauf folgenden Jahr kam der Sohn Edgar (* 28. Mai 1909) auf die Welt und drei Jahre später wurde die Tochter Lolott (*2. Dezember 1912) geboren. Die Ehe von Semmy und Hanna war Anfang der 20er-Jahre gescheitert, die Scheidung erfolgte am 26. November 1921. Da hatte Semmy wohl schon eine Beziehung mit der 19 Jahre jüngeren Friederike Oberschützky, geb. am 14. Oktober 1902, denn nach der Scheidung von Hanna fand rasch die Hochzeit mit Friederike am 16. März 1922 statt. Im darauf folgenden Jahr, am 18. Mai 1923, wurde der Sohn John Günther geboren. Friederike Oberschützky entstammte einer verzweigten Hamburger Kaufmannsfamilie, deren Schicksal in der Biografie ihres Onkels Louis Oberschitzky (nur er und seine engste Familie schrieben den Namen mit i ) ausführlich dargestellt ist.
Vielleicht hat Semmy seinen Bruder Leonhardt in die Familie Oberschützky eingeführt, denn dieser heiratete Friederikes Kusine Anni.
Bald führten die Geschäfte beide Brüder nach Bremen. Dort betrieben sie gemeinsam eine „Fell- und Häutehandlung“ in der Düsternstraße 103.
Wenige Jahre später zogen die Brüder nach Berlin, Semmy allerdings ohne seine Familie. Er wechselte häufig seine Wohnungen, 1929 wohnte er in der Trautenaustraße 18 direkt am Nikolsburger Platz, 1930 bis 1932 war er unter den Adressen Homburger Straße 12 und Schlangenbader Straße 90 gemeldet. Seine Schwägerin Anni, vermutlich seit 1930 von Leonhardt getrennt, ist im Jüdischen Adressbuch von 1931/32 ebenfalls unter der Adresse Schlangenbader Straße 90 eingetragen, möglicherweise haben Semmy und Anni in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. 1935 war Semmy Frankenthal als Untermieter bei einem Kaufmann Laser am Hohenzollerndamm 11 gemeldet.
Beruflich gingen die Brüder in Berlin getrennte Wege, Semmy arbeitete schon vor 1933 für die Guano Werke AG (vormals Ohlendorff’sche und Merck’sche Werke) zunächst als Angestellter, später - bis 1938 - als selbstständiger Vertreter für Bauschutzstoffe. Leonhardt hingegen betrieb ein Geschäft für Damenkonfektion in der Landsberger Alle 100.
Infolge der immer stärker zunehmenden Repressalien gegen die jüdische Bevölkerung und ihrem Ausschluss vom öffentlichen Leben beendeten die Guano Werke die Geschäftsbeziehungen mit Semmy Frankenthal.
1939 bezog er ein Zimmer zur Untermiete bei der Witwe Edith Lewin in der Trautenaustraße 20. Offenbar hatte er zu dem Zeitpunkt kein Einkommen und keine Rücklagen, denn er blieb Edith Lewin bis zum Schluss 500 RM schuldig. Es dürfte sich dabei um Mietschulden gehandelt haben.
Im selben Jahr ließen sich Semmy und Friederike scheiden – sie waren ohnehin schon seit ca.10 Jahren getrennt. Friederike und der gemeinsame Sohn John Günther fanden Asyl in Schweden, wo schon Friederikes Mutter und ihr Bruder Erwin lebten. Auch die Kinder Edgar und Lolott konnten fliehen und in Belgien der Verfolgung durch die Nazis entgehen.
Am 2. Oktober 1941 heiratete Semmy ein drittes Mal. Mit seiner Frau Else Waag, geboren am 10. Dezember 1894 in Iserlohn wohnte er in einem Leerzimmer zur Untermiete bei Mary (Marie) Cohn in der Niebuhrstraße 77 im 4. Stock. Nach eigenen Angaben war er dort bereits im September 1941 eingezogen, vermutlich wohnte Else schon vorher in diesem Zimmer. Else war 1939 noch in Schwerin gemeldet und erst danach nach Berlin gezogen.
Sowohl Semmy, als auch Else wurden bis zu ihrer Deportation zur Zwangsarbeit herangezogen. Semmy musste in der Schneekettenfabrik „Nordland“, Kurfürstenstraße 14, als Hilfsarbeiter Schwerstarbeit leisten. Else arbeitete bei „Graß und Worff“, einer Firma für optische Geräte des Inhabers Dr. Bollmann in der Kreuzberger Alte Jakobstraße 133. Sie zahlten ihrer Vermieterin 75 RM Miete, die auch von einer kleinen Erbschaft Elses bestritten wurde.
Wenige Tage vor ihrer Deportation mussten Semmy und Else Frankenthal in einer mehrseitigen Liste der „Vermögenserklärung“ detailliert angeben, was ihnen zu diesem Zeitpunkt noch geblieben war. Es waren in erster Linie Möbel, der großen Anzahl nach wohl aus zwei Haushalten zusammengefügt, die das Zimmer füllten. Der Wert von Möbeln, Hausrat und Textilien wurde auf 581 RM taxiert, die vom Händler an die Oberfinanzkasse abzuführen waren. Allerdings wandte sich gleich nach der Räumung des Zimmers das Finanzamt Wilmersdorf an den Oberfinanzpräsidenten mit der Forderung über 1308,22 RM - Semmy Frankenthals Steuerschulden aus den Jahren 1937 bis 1939.
Am 15. August 1942 wurden Semmy Frankenthal und seine Frau Else mit dem 1004 jüdische Menschen umfassenden 18. Osttransport vom Güterbahnhof Moabit nach Riga deportiert. Zuvor hatten sie sich in der als Sammelstelle missbrauchten Synagoge an der Levetzowstraße einfinden müssen, um von dort in einem langen Fußmarsch unter den Augen der Moabiter Anwohner durch die Straßen Moabits zum Bahnhof zu laufen.
Die Fahrt dauerte 3 Tage und die völlig erschöpften Menschen wurden sofort nach Ankunft in Riga in den umliegenden Wäldern erschossen und in Massengräbern verscharrt.
Zum Schicksal der Angehörigen Semmy Frankenthals:
Semmys Kinder Edgar Frankenthal, Lolott Schaevers geb.Frankenthal und John Günther Frankenthal, die durch Flucht ins Ausland der Vernichtung entkommen konnten, stellten als Erbengemeinschaft 1957 Anträge zur Wiedergutmachung und Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung.
Hanni (Hanchen) Kupferbach heiratete nach der Scheidung von Semmy den Tschechoslowaken Emil Löwner, mit dem sie nach Prag zog. Sie wurde tschechoslowakische Staatsbürgerin und nahm den Namen Hana Löwnerová an. Das Ehepaar wurde in Prag verhaftete, am 10. Dezember 1941 nach Theresienstadt deportiert und am 16. Dezember 1944 nach Auschwitz verschleppt, wo beide ermordet wurden.
Friederike Oberschützky starb am 13. Juni 1979 in Stockholm.
Leonhardt Frankenthal entkam versteckt der Verfolgung. Er trat in Berlin der Jüdischen Gemeinde bei und starb am 1. Dezember 1967 in Charlottenburg.
Seine geschiedene Frau Anni Oberschützky heiratete ein zweites Mal. Sie lebte zuletzt als Anni Mayer in München. Am 11. August 1942 wählte sie den Freitod, um Deportation und Ermordung zu entgehen.