Gertrud Klang kam am 24. Oktober 1892 als Tochter des Kaufmanns Max Waldmann (1849–1926) und seiner 1860 geborenen Frau Martha , geb. Salomon in Berlin auf die Welt . Der Vater, Sohn eines Gastwirts, stammte aus Landsberg, einem Landstädtchen in Oberschlesien (Gorzów Śląnski/Polen), die Mutter, Tochter eines Kaufmanns, war aus Berlin. Dort hatten die Eltern 1883 geheiratet. Ein Jahr später, am 11. Juli 1884, war Gertruds ältere Schwester Erna geboren worden.
Die Familie wohnte im Jahr von Gertruds Geburt in der Prinzenstraße im heutigen Berlin-Kreuzberg. Vater Max Waldmann war Miteigentümer der Firma Frankenstein & Waldmann, einer Lederwarenfabrik, die Alben, Taschen und andere Lederwaren herstellte. Sein Kompagnon Carl Frankenstein (1851–1929) stammte ebenfalls aus der Provinz Schlesien und wohnte viele Jahre ganz in der Nähe der Familie Waldmann und der gemeinsamen Firma. Die Lederwarenfabrik war – nach den Einträgen im Berliner Adressbuch – eine der vielen in einer Fabriketage produzierenden Betriebe, sie befand sich in den folgenden Jahren in der Dresdenerstraße, der Ritterstraße und der Alexandrinenstraße. Die Wohnungswechsel zeigen, dass das Geschäft floriert hat.
In den 1890er-Jahren zogen die Waldmanns mit ihren Töchtern in die Königgrätzer Straße 97 (heute Stresemannstraße 48), damals eine gute Wohnlage im Berliner Stadtteil Friedrichstadt. (Auf dem Nachbargrundstück Nr. 96 stand die im Zweiten Weltkrieg zerstörte evangelische Christus-Kirche, die bis 1891 der Förderung der Judenmission in Berlin gedient hatte.)
Beide Töchter lebten „ohne Beruf“ bei den Eltern. Im Jahr 1905 heiratete die Schwester Erna den 1873 in Berlin geborenen Kaufmann und Fabrikanten Siegfried Bloch. Max und Martha Waldmann zogen mit ihrer Tochter Gertrud in eine nicht weit entfernte Wohnung am Tempelhofer Ufer 1c, am Südufer des Landwehrkanals. (Das Haus – auch dies eine „gute Adresse“ – existiert nicht mehr, es stand zwischen dem ehemaligen Postamt am Halleschen Tor und einer Gemeindeschule.) Als bürgerliches Mädchen wird Gertrud Waldmann in diesen Jahren ihre Schulbildung abgeschlossen haben.
Der nächste Umzug der Familie Waldmann führte zum Hohenzollerndamm 208 in Wilmersdorf.
Gertrud Waldmann heiratete am 31. Juli 1913 den 1878 in Polzin in Pommern (heute Połczyn Zdrój/Polen), geborenen Kaufmann Hermann Klang, Sohn eines Lehrers, Kantors und Schächters.
Das Paar bekam zwei Kinder: Am 31. Mai 1917 kam ihre Tochter Leonie, am 16. September 1920 die Tochter Rosemarie (Rose) auf die Welt.
1920 gründete Hermann Klang einen Großhandel für Seidenwaren und Futterstoffe. Auch seine Firma wechselte öfter die Standorte (Schützenstraße, Markgrafenstraße, Mohrenstraße und zuletzt Charlottenstraße 22) und war geschäftlich ebenso erfolgreich wie die seines Schwiegervaters. Das Ehepaar Klang lebte – zuerst allein, dann mit seinen Kindern – im zweiten Stock des Hauses Hohenzollerndamm 27a, das noch existierende Gebäude in der Nähe des Fehrbelliner Platzes war ein repräsentatives bürgerliches Haus mit großen Wohnungen und den entsprechenden Mitbewohnern. Es muss ein gutbürgerliches Leben gewesen sein. Mitte Dezember 1926 starb Gertrud Klangs Vater, der zuletzt mit ihrer Mutter im Haus ihrer Schwester Erna und ihres Schwagers Siegfried Bloch in der Wangenheimstraße 16 in Berlin-Grunewald, gewohnt hatte.
Bis zum Beginn der 1930er-Jahre werden Wohnung und Firma der Familie Klang an gewohnter Stelle im Berliner Adressbuch notiert, dann fehlen einige Jahre. Von 1934/35 bis zum Tod von Hermann Klang wohnten Gertrud Klang und ihr Ehemann in der Auguste-Viktoria-Straße 2 in Berlin-Halensee. Hermann Klang starb am 14. März 1940 nach einem Schlaganfall im Israelitischen Krankenheim der Gemeinde Adass Jisroel in der Elsässer Straße 85 (heute Torstraße 146). – In der Auguste-Viktoria-Straße 2 wohnte für kurze Zeit auch Gertrud Klangs Schwager Siegfried Bloch. Ihre Schwester Erna hatte sich mit ihren beiden Kindern in die USA retten können. (Der Schwager zog dann zur Untermiete in die Wielandstraße 17 und wurde von dort am 17. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert , wo er am 8. Oktober umgekommen ist.)
Gertrud Klang wurde ebenfalls in die Untermiete gezwungen: Sie wohnte bei den Schwestern Alice und Elsbeth Pasch in der Wilhelmsaue 136 und musste bei der Dr. Georg Seibt AG in der Akazienstraße 28 in Berlin-Schöneberg Zwangsarbeit leisten. Bei dem international bekannten Unternehmen für Rundfunktechnik wurden im Zweiten Weltkrieg Nachrichtengeräte produziert.
Ab dem 16. Januar 1943 war Gertrud Klang ohne Arbeit. Warum? Im April 1943 stand sie mit einer Gruppe von jüdischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern als Angeklagte vor dem Sondergericht II beim Landgericht Berlin. Angeklagt waren sie wegen Passvergehens und Urkundenfälschung. Gertrud Klang hatte sich einen falschen Urlaubsschein besorgt, um die Eisenbahn benutzen zu können. Wohin wollte sie fahren? Sie wurde am 22. April 1943 zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Ihre Mitangeklagten erhielten Gefängnis- und Zuchthaushaft – für eins der mörderischen Sondergerichte milde Strafen. Aber als Juden hatten sie keine Überlebenschance: Sie alle wurden im KZ ermordet.
Gertrud Klang hatte ihre Untersuchungshaft im Gerichtsgefängnis Charlottenburg in der Kantstraße 79 verbracht. Von dort kam sie am 29. April 1943 in das Frauenstrafgefängnis Berlin, eine „Jüdin“, „ohne Geld“ und „ohne Angehörige“ – so die Karteikarte.
Am 15. Mai 1943 wurde Gertrud Klang von der Geheimen Staatspolizei aus dem Gefängnis geholt. Die Gefängnishaft, die noch ein wenig Aufschub bedeutet hatte, war vorbei. Am 17. Mai 1943 wurde Gertrud Klang mit dem „38. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert. Sie kehrte nicht zurück.
Gertrud Klangs Töchter Leonie und Rosemarie konnten wie die Kinder ihrer Tante Erna Bloch entkommen: Leonie Klang arbeitete während des Zweiten Weltkriegs als Hausangestellte in Los Angeles und starb als verheiratete Birnbaum 1990 in den USA. Rosemarie Klang starb als verheiratete Waltho am 5. November 1997 in Australien. – Es gibt Kinder und Enkelkinder.